Schwein gehabt!

  • Kuska
„Das Schwein ist weg!“ Mit diesen Worten stolpert das Schweriner Museum vor gut 40 Jahren mitten in einen Kriminalfall. Der am Ende die Frage aufwirft: Wer ist hier eigentlich das Schwein?
26.10.2014
Sylvia Kuska

Die Schlüssel zum Kupferstichkabinett bitte! Natürlich. Welcher Pförtner hätte einem Museumsdirektor das wohl verweigert? Walter Heese schließt die Tür, sieht sich in Ruhe um. Einmal. Zweimal. Dreimal. Viermal. Damals, im Herbst/Winter 1966 und im Jahr vier als Museumsleiter. Er stöbert in den Werken von Albrecht Dürer, Rembrandt und Albrecht Altdorfer. Draußen ahnt der Pförtner nicht, dass sich sein Chef gerade das Schweißtuch der Veronika, Das Große Pferd und Das Schwein unter den Nagel reißt.

Zwei Jahre sind vergangen. Das Museum hat einen Jugendclub, will dort Zeichnungen von Rembrandt vorstellen. Eine Mitarbeiterin sucht dafür auch Das Schwein. Die Radierung von 1643 gehört zu den beliebtesten des Malers. Fündig wird sie nicht. "Das Schwein ist weg!" Vielleicht sehen sechs Augen mehr als zwei? Das Bild bleibt verschwunden, der neuen Museumsdirektorin nur der Weg zur Polizei.

Auch in Berlin meldet sich ein Museum bei der Polizei. In den Staatlichen Museen habe ein Mann Das Schwein abgegeben, um es restaurieren zu lassen. Der Fall ist schnell gelöst: Der Mann, ein Arzt, hatte die Radierung von einem Patienten erhalten: von Walter Heese, dem einstigen Museumschef in Schwerin. Als die Polizei ihm auf die Schliche kommt, verbrennt er hastig einen Teil der Grafiken.

 Der Prozess ist kurz, Heeses Motive bleiben unklar. Er sagt, er habe eine krankhafte Neigung, Dinge zu verschenken. Das Gericht überzeugt er damit nicht. Am Ende muss er für zwei Jahre ins Gefängnis und Schadenersatz zahlen.

„Das Schwein“ hängt jetzt wieder in Schwerin im Museum. Zusammen mit dem „Schweißtuch der Veronika“, dem „Großen Pferd“, mit Gemälden, Zeichnungen, Münzen. Neben Figuren, Speeren und Vasen. Sie alle wurden einst erbeutet, geraubt, geplündert, gestohlen. Weit vor dem Zweiten Weltkrieg. Mittendrin. Gleich danach oder viel später. In der Sonderausstellung über Kunstraub und Raubkunst erzählen sie bis zum 1. Februar ihre Geschichte – in der sie, wenn man es salopp formuliert, am Ende viel Schwein gehabt haben.

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(Historische Quelle: Torsten Knuth: Kunstraub/Raubkunst. Fälle der Provenienzforschung in den Schweriner Museen. Katalog zur Ausstellung.)