Rückblick, Teil 21: Hanka Pachale ist zurück in Schwerin

  • Sylvia Kuska
Das Beste aus 2014. Dem aktiven Sport hat Hanka Pachale nach vielen Jahren in Italien „ciao“ gesagt. Seit Februar bringt die 38-Jährige mit ihrem Mann „la dolce vita“ in die Stadt.
31.12.2014
Sylvia Kuska

Hanka Pachale ist zurück in Schwerin? Das stimmt so nicht ganz. Denn richtig müsste es heißen: Hanka Durante ist zurück. Vor wenigen Wochen hat die frisch gebackene Mama den Namen ihres Mannes Luca angenommen. „Damit wir drei nicht unterschiedlich heißen.“ Und in gewisser Weise auch als Symbol für einen neuen Lebensabschnitt.

Pokalfinale, Halbfinale in der Meisterschaft – für die Profisportlerin läuft es in der Saison 2011/2012 sehr gut bei Rebecchi Piacenza. 120 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft, zweimal Olympische Spiele, zweimal deutsche Meisterin mit dem Schweriner SC, Champions League Siegerin - über Jahre steht der Sport an erster Stelle in ihrem Leben. Bis nach und nach ein anderer Wunsch auf ihrer persönlichen Prioritätenliste „Tabellenführer“ wird: la famiglia. Ihr Mann Luca ist ebenfalls ein erfolgreicher Volleyballer in Italien. Vor knapp zwei Jahren entscheiden sie sich beide bewusst dafür, ihrem Leben eine andere Richtung zu geben. Eine Richtung ohne aktiven Sport.

Sie bleiben noch ein paar Monate in Italien. Dort, wo Hanka Durante nach ihrer aktiven Zeit beim SSC fast ununterbrochen die vergangenen 15 Jahre verbracht hat. Doch die wirtschaftliche Situation in ihrer zweiten Heimat ist alles andere als rosig. Spielangebote von anderen Vereinen lehnt sie ab. Stattdessen packen sie ihre Koffer. Eine Entscheidung, die vor allem bei ihrem Mann einige Zeit reifen musste.

Vor einem Jahr kommen sie zurück nach Schwerin. Ohne konkrete Perspektive. Aber mit jeder Menge italienischem Lebensgefühl. „Das wird schon!“ sagen die Italiener in solchen Situationen sinngemäß.“ Das wird schon, sagen sich auch Hanka und Luca.

Im Moment jedenfalls, so sagt sie, sind ihre Tage anstrengender als eine Trainingseinheit. Nicht, weil ihr Sohn Julian sie mit seinen knapp acht Wochen mächtig auf Trab hält. Seit einigen Wochen pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass in der Stadt bald ein Italiener aufmacht. In der kommenden Woche soll es so weit sein. „Vielleicht Montag, vielleicht Mittwoch.“ Auf jeden Fall nicht Dienstag oder Freitag. „Das bringt nach italienischem Aberglauben Unglück.“ Deshalb heiraten Italiener auch nicht an diesen Tagen, feiern nicht – und eröffnen natürlich auch kein Geschäft.

Die bodentiefen Fenster an der Ecke Puschkinstraße/Großer Moor geben den Blick bereits frei ins „Durante“. Weine, Grappa, Öl, Essig, Antipasti, Nudeln – kulinarisch gesehen steht das italienische Lebensgefühl schon in den Regalen. Viel Licht und elf Tische füllen den Gastraum. Drinnen verwebt sich italienisches Stimmengewirr für mecklenburger Ohren zu einer klangvollen Melodie. Luca Durante und Freunde schleppen zig Getränkekisten ins Lager, weisen in der Küche allen Sachen ihren richtigen Platz zu. Die Kaffeemaschine aus Venedig gurgelt, zischt und dampft im Probelauf. Die Kühltheke muss noch mit Schinken, Käse und Panini gefüttert werden, die Ware in den Regalen wartet auf kleine Schilder. Und jetzt haben sich fremde Handwerker auch noch an die Stromleitung der Durantes geklemmt. Hektische Betriebsamkeit? Südländische Ruhe! Wie war das? „Das wird schon!“

Hanka und Luca nennen das „Durante“ weder Café noch Restaurant. Sondern schlicht „italienische Tradition“. „Damit haben wir uns unser persönliches Stück Italien mitgebracht.“ Und das wollen sie nun mit ihren Gästen teilen. Sie selbst haben keine Ausbildung in der Gastronomie. Ein Riskio? Hanka Durante findet, nicht. „Deswegen stellen wir uns auch bewusst nicht selbst in die Küche, sondern überlassen das unserem Koch.“ Einem waschechten Italiener.

Immer wieder schauen Passanten neugierig durch die Scheibe. Manche stecken auch ihren Kopf durch die Tür. Ab und an heißt es dann: „Sind Sie nicht...?!“ Ja, ist sie! Dass sie hier und da noch auf der Straße erkannt wird, überrascht sie. Als die Sportlerin Schwerin gen Italien verließ, war sie 22. Es macht sie aber auch stolz. Ihre Familie hat eine lange sportliche Tradition in Schwerin. Papa Siegfried war zu DDR-Zeiten ein bekannter Diskuswerfer und ihre drei Jahre jüngere Schwester Maja bis vor wenigen Jahren ebenfalls eine erfolgreiche Bundesliga-Volleyballerin.

Apropos Sport: Hat sie sich nun völlig losgesagt von ihm? „Als Spielerin: ja; Comeback ausgeschlossen!“ Als Zuschauerin nicht. Bis zur Geburt ihres Sohnes fieberte sie in der Schweriner Arena regelmäßig mit „ihrem“ SSC mit. Sobald das „Durante“, Julian und der anstehende Umzug in die neue Wohnung es zulassen, möchte sie sportlich dann aber doch noch etwas Neues ausprobieren: Tennis spielen.