Praktikum beim Bestatter – ganz freiwillig
Annas erster Gedanke: Oh Gott, das zwei Wochen lang? Doch dann gewöhnte sie sich daran. An die Toten. An die hektischen Tagesabläufe. Und an die Trauer.
Das Schweriner Bestattungshaus (möchte nicht genannt werden) arbeitet mit der Polizei zusammen. Selbstmorde und Unfälle kommen regelmäßig vor. Anfangs musste Anna schlucken. Es sei stressiger als gedacht, so die 15-Jährige. Am ersten Tag wurde die Schülerin getestet. Sie musste gleich mit anpacken. Ist sie stark genug, um emotional Abstand wahren zu können? Sie ist es.
Und ihre Erfahrung nach zwei Wochen? Wie sieht der Alltag des Bestatters aus? „Er kann seinen Tag kaum planen“, sagt Anna. Man könne schließlich nicht voraussehen, wann jemand stirbt. Oftmals geht es hektisch zu: Ein Anruf von der Polizei und sofort holen sie den Verstorbenen ab. Gleich vor Ort findet die Leichenschau statt. Was ist die Todesursache? Ist das geprüft, wird die Leiche in einen Kühlungsraum nach Lübstorf gefahren. Der Bestatter muss mit den Hinterbliebenen reden. Fragen wie „Welche Bestattung wird gewünscht?“ müssen geklärt werden. Die Vorschriften erlauben eine Erd- oder Feuerbestattung. Die Verstorbenen werden hergerichtet und angezogen. „Es ist viel schwieriger als man denkt, eine Leiche zu kleiden“, berichtet die Schülerin. Bestatter und Angehörige müssen sich mit Papierkram auseinandersetzen. Totenschein, Sterbeurkunde, Versicherungen und Verträge. Und zum Schluss: die Trauerfeier.
Anna ist voll integriert im kleinen Team. Und doch: Sie möchte wohl lieber eine andere Richtung einschlagen.
Eine andere Richtung? Ein anderes Praktikum. Wir haben in die Mövenburgstraße am Ziegelsee geschaut. Die 16-jährige Schülerin Nadja Weber darf in der Taschenmanufaktur Red Rebane gleich loslegen. Vor allem vom Nähen ist sie begeistert. „Anfangs war es schwierig, mit dem Arbeitstempo mitzuhalten, aber das gelingt immer besser mit der Zeit.“ Es bereitet ihr Spaß, mit den Händen zu arbeiten. Sie kann sich gut vorstellen, das auch später zu machen.
Allerdings: Nicht jedes Praktikum entspricht den Vorstellungen der Jugendlichen. Zum Beispiel war es der Kinderwunsch der 14-jährigen Mariam Aldujili, Lehrerin zu werden. Sie macht ihr Praktikum in einer Grundschule. Weg vom Schülerpult und ran an den Lehrertisch. Aber: Sie ist enttäuscht. Sitzt nur hinten und schaut zu. Sie darf Urkunden gestalten, Schüler beobachten und die Bibliothek aufräumen. Die Klasse sei spannend und man brauche viel Geduld, sagt die Schülerin. Sie möchte aber lieber Kinderärztin werden - und freut sich auf die Ferien.
Ein anderes Beispiel. Durch ein Bewerbungstraining in der Schule ist er auf die Idee gekommen: „Sparkasse – das klingt nett.“ Moritz Jähde lernt zwei Wochen lang jede Menge über Geld. Sein Tag ist kurz: Um 9 Uhr geht es los, um 13 Uhr hat er Schluss. Der Schüler kontrolliert Belege, zählt das Geld und stellt Kontoeröffnungsmappen zusammen. Bankkaufmann? Das kann er sich gut vorstellen.
Was aber passiert, wenn man sich keinen Praktikumsplatz organisiert hat?
Diesen Klassiker gibt es in jeder Generation. Anfang Januar und noch immer hat man keine Idee oder Zusage – was nun? In diesem Fall kommt die Lehrerin ins Spiel. Keine Wahl, Hauptsache schnell. Sie hat Kontakte und weiß, an wen sie sich wenden kann. Das Intercity-Hotel am Hauptbahnhof ist die Rettung. Sie freuen sich über Praktikanten. Abwaschen, aufdecken und Gäste bedienen: Nicht jedermanns erste Wahl. Auch nicht die von Malte Schulz.
Die einen falten Servietten, während die anderen Flugzeuge durchsuchen.
Flugzeuge durchsuchen, Ware kontrollieren und Drogen konfiszieren? Theresa Eberts Erwartungen wurden übertroffen. „Ich hätte nie gedacht, dass es beim Zoll so spannend ist!“, sagt die Schülerin. Die TV-Sendung „Achtung Kontrolle!“ brachte sie auf die Idee. Was macht man den ganzen Tag lang? „Wir fahren mit Kollegen zu Betrieben, bei denen wir dann die Ware kontrollieren“, so Theresa. Ihr gefällt der Tagesablauf, trotz längerer Arbeitszeiten, viel besser als ihr Schulalltag.
Am Mittwochmorgen wurde die Praktikantin überrascht: Sie fuhren zum Flughafen nach Parchim. Dort durften sie ein Flugzeug aus China durchsuchen. Sie fanden einige nicht angemeldete Pakete – und ein paar ungebetene Kakerlaken.
Eklige Tiere, Leichen, Geld zählen: All das kann man beim Praktikum 2015 erleben. Und nur manchmal ist es – langweilig.
*Die Autorin ist Schülerpraktikantin in unserer Redaktion.