Die Rekonstruktion einer ausländerfeindlichen Tat
Ein aus Afrika stammendes Paar und ihr Bekannter fahren mit der Straßenbahn, als sie gegen 20.30 Uhr von dem 28-jährigen Tatverdächtigen rassistisch beschimpft und beleidigt werden. An der Haltestelle Keplerstraße steigt der dritte Afrikaner aus, gefolgt vom Beschuldigten und einem noch unbekannten Begleiter. Beide greifen den Mann aus Somalia grundlos an. Er wird gegen eine Laterne gestoßen, ein Faustschlag trifft sein Gesicht, der Tatverdächtige schlägt mit einer Glasflasche gezielt gegen die Schläfe. Die Folgen: Platzwunden am Kopf, eine Fraktur. Der Somalier muss mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden.
Der mutmaßliche Täter wird von Zeugen erkannt. Er flüchtet von Kaufland Richtung Tankstelle, verfolgt von vier Polizisten. Er versucht sich zu verstecken, rennt zurück zur Keplerstraße - und wird dort von drei Passanten festgehalten, bis die Einsatzkräfte ihn am Boden fixieren können. Er wehrt sich vehement.
Es ist 20.50 Uhr. Die Bereitschaftsstaatsanwältin wird wenig später über den Vorfall telefonisch in Kenntnis gesetzt. Nach den ihr vorliegenden Informationen sieht sie keine Haftgründe, wird die Staatsanwaltschaft fünf Tage später mitteilen. Der Tatverdächtige ist stark alkoholisiert, steht zur Tatzeit unter Bewährung, ist der Polizei wegen zahlreicher Delikte bekannt, darunter Körperverletzung. Nach den erkennungsdienstlichen Maßnahme könne er gehen, so die Anweisung. Mitten in der Nacht? Volltrunken? Aggressiv? Die Polizei will das nicht verantworten und dehnt die Maßnahmen nach Informationen unseres Magazins bis 7 Uhr am nächsten Morgen aus. Dann erst ist der Mann wieder auf freiem Fuß.
Am Montag dann kommt die Akte zur Staatsanwaltschaft. Der Fall wird geprüft, danach Haft beantragt. Der Grund: Fluchtgefahr. Das Amtsgericht folgt dem Antrag. Dem 28-Jährigen wird Volksverhetzung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Gesucht werden muss er nicht mehr lang: Der Tatverdächtige stellt sich am Mittwoch. Von seinem Begleiter fehlt jede Spur. Das Opfer liegt noch im Krankenhaus.