Stiche gegen links

Die Mail von Peter Brill (Linke) kommt am Dienstag um 22.36 Uhr. Darin: Neujahrswünsche des Kreisvorsitzenden und im Anhang eine Pressemitteilung „mit der Bitte um Veröffentlichung“. Der Inhalt? Brisant. Am nächsten Morgen wird „Neues Deutschland“ von einem Mordanschlag berichten. Was ist geschehen?
06.01.2016
Matthias Hufmann

In Wismar hat es offenbar einen Angriff auf einen Politiker der Linken gegeben. Brill selbst schreibt in seiner Mitteilung von einer Messerattacke mit vermutlich rechtsextremem Hintergrund. Bei dem Opfer handele es sich um Julian K. Der 18-Jährige ist jüngstes Mitglied des Schweriner Kreisvorstandes. Er sei am Montagabend in Wismar von drei Männern angegriffen und verletzt worden. Die unbekannten Täter hätten 17-mal mit einem Messer auf ihn eingestochen und als „schwule Kommunistensau“ beschimpft, heißt es. Ein Täter hätte Thor-Steinar-Sachen getragen.

„Wir fordern den Staatsschutz auf, die Ermittlungen schnell voranzutreiben und erwarten, dass die Täter schnellstmöglich ermittelt und zur Verantwortung gezogen werden“, erklären Brill und der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch.

Der Staatsschutz ist tatsächlich eingeschaltet. Ansonsten sind die Ermittler vor allem eines - irritiert. Auf Nachfrage unseres Magazins bestätigt das Polizeipräsidium Rostock, dass eine Anzeige von K. eingegangen sei. Allerdings erst einen Tag nach der Tat und über das Internetportal der Polizei. Erreicht habe man den 18-Jährigen noch nicht, so Sprecherin Isabel Wenzel (Stand Mittwoch, 15.30 Uhr). Auch das Krankenhaus, aus dem K. wieder entlassen sein soll, habe sich nicht gemeldet. Das sei ungewöhnlich.

Auf Facebook hat K. den Fall am Dienstag so geschildert:

„Gestern gegen 17 Uhr wollte ich spazieren gehen und ging durch den Park beim Wismarer Bahnhof. (…) Mir kamen drei Personen entgegen. Beim Entgegenkommen schlug mir einer dieser Männer ohne Vorwarnung in den Magen, worauf ich zusammensackte. (…) Ein zweiter zog ein Messer und ging damit auf mich los. Mir gelang es, einen Großteil der Stiche mit dem Arm abzuwehren.“

„Wir hatten heute bestimmt 50 Presseanfragen zu dem Fall“, sagt Präsidiumssprecherin Isabel Wenzel. Leider könne man noch nicht viel sagen. Die Spurensicherung am Tatort, die Suche nach Zeugen – all das sei erschwert worden durch die späte Meldung. Es gebe Klärungsbedarf, so Wenzel.

Peter Brill hat inzwischen mit Julian K. gesprochen. Es gehe ihm soweit gut, zitiert ihn „Neues Deutschland“.

Update

K. hat NDR 1 Radio MV am Abend gesagt, wahrscheinlich habe ihn nur seine Winterkleidung vor Schlimmerem bewahrt. Er erlitt mehrere Schnittwunden am Arm und im Brustbereich. Weshalb er die Tat erst am Dienstag anzeigte? Er habe unter Schock gestanden und sich zunächst im Krankenhaus versorgen lassen, so K.

Update 2

Hier der Beitrag mit K. im Nordmagazin: bitte klicken

Update 3

Am Mittwochabend hat die Polizei K. doch noch erreicht. Die erste Vernehmung soll am Donnerstag stattfinden.