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Halbgare Lösungsansätze für Hebammen
„Die Probleme sind damit nicht gelöst“, sagt der Hebammenverband. Stattdessen müssen die Hebammen nun einmal mehr kämpfen. In Vergütungs-Verhandlungen mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen. Und die werden vermutlich wieder zäh. Schon in der Vergangenheit sei eine Einigung kaum möglich gewesen, so Verbandspräsidentin Martina Klenk.
Die Hebammen sind es leid, zu kämpfen. Aber gewohnt. Im Laufe der 5000 Jahre alten Geschichte ihres Berufsstandes wurden sie als Heilige verehrt. Als Hexen verteufelt. Und führen sie heute einen zähen Kampf ums Überleben. Es geht um ihre Berufsehre. Um Risiken, die ihre Arbeit mit sich bringen. Und damit auch um Geld. Geld, mit denen sie diese Risiken versichern sollen. Geld, das viele freiberuflichen Hebammen aber nicht haben. Zumindest nicht in der Höhe. Aktuell geht es um 5000 Euro im Jahr, nächstes Jahr könnten es schon 6000 sein. Ob 2016 noch eine Versicherung bereit ist, die Risiken abzusichern, steht in den Sternen.
Die Politik müsse handeln, forderten Hebammen und Eltern bundesweit. Protestiert wurde auch in Schwerin. Nun hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe gehandelt – oder zumindest Vorschläge gemacht.
Vorschlag Nummer 1: Die Krankenkassen sollen die Vergütung für Hebammen erhöhen und einen Zuschlag an Hebammen zahlen, die wenige Geburten betreuen, damit auch diese die stark gestiegenen Versicherungsbeiträge bezahlen können.
Voraussetzung dafür soll Vorschlag Nummer zwei sein: Die Hebammen erfüllen noch zu definierende Qualitätsanforderungen. „Jetzt kommt der Pferdefuß daran: Es ist sehr wahrscheinlich, dass in diese Standards eine Mindestanzahl von Geburten kommt. Dann hebelt sich das quasi von selbst wieder aus“, befürchtet Michaela Skott, die in Schwerin zu den federführenden Hebammenunterstützern gehört.
Vorschlag Nummer drei: Krankenkassen zahlen heute bei Geburtsfehlern zunächst die Behandlung des Kindes, holen sich das Geld dann aber von der Haftpflichtversicherung zurück. Geprüft wird nun, inwiefern Krankenkassen und Pflegeversicherungen in diesen Regressansprüchen eingeschränkt, Regresskosten gedeckelt werden könnten – ohne dass die Schadenssummen für Betroffene gesenkt würden. Das soll in der Folge die Versicherungsbeiträge reduzieren. Das Bundesjustizministerium äußert jedoch rechtliche Bedenken.
Wie all die Vorschläge im Detail aussehen sollen, ist noch unklar. Wer das alles bezahlen soll, ebenfalls. Und welche Lawine eine Beschränkung der Regresshöhen bei anderen Berufsgruppen – wie Ärzten – lostreten könnte, erst recht. Dessen sind sich offenbar auch die Hebammen bewusst und bringen einmal mehr einen Haftungsfreistellungsfonds ins Gespräch, der ab einer bestimmten Schadenssumme einspringen soll.
Die Vorschläge liegen nun auf dem Tisch. Endgültige Lösungen noch nicht. Und so werden die Hebammen weiter kämpfen. Um ihre Berufsehre. Um Geld. Im schlimmsten Fall um ihre Existenz. Unterstützt von vielen Eltern. Auch in Schwerin.