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Landesregierung zahlt Praktikanten kein Geld
„Die von der Landesregierung angebotenen Praktika dienen im Regelfall dazu, Schüler und Studierende bei ihrer Ausbildung und ihrer Berufswahl zu unterstützen. Deshalb wird keine Aufwandsentschädigung gezahlt“, teilte Regierungssprecher Andreas Timm am Mittwoch auf Anfrage unseres Magazins mit. Trotzdem wollten 2014 schon 63 Schüler und Studenten die Gelegenheit zum Praktikum nutzen. Das sind - in neun Monaten - 4 mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Hier die Übersicht:
Staatskanzlei
2013: 7
2014: 4
Innenministerium
2013: 2
2014: 10
Justizministerium
2013: 8
2014: 7
Finanzministerium
2013: 0
2014: 0
Wirtschaftsministerium
2013: 8
2014: 8
Landwirtschaftsministerium
2013: 6
2014: 5
Bildungsministerium
2013: 10
2014: 13
Energieministerium
2013: 7
2014: 6
Sozialministerium
2013: 6
2014: 2
Informationsbüro Brüssel
2013: 4
2014: 6
Landesvertretung Berlin
2013: 1
2014: 2
Die meisten Praktikanten wurden 2013/14 im Bildungsministerium (23), im Wirtschaftsministerium (16) und im Justizministerium (15) eingesetzt. Die Praktika dauerten zwischen 1 Woche und 4,5 Monaten. Allesamt unentgeltlich.
In den meisten Fällen wird die Landesregierung auch in Zukunft kein Geld ausgeben müssen. Grund sind die Ausnahmen beim Mindestlohn. Erst ein Orientierungspraktikum oder ein ausbildungs- bzw. studienbegleitendes Praktikum, das länger als drei Monate dauert, ist mit dem Mindestlohn zu vergüten. Und zwar von Beginn an. Rot-Schwarz hat also zwei Möglichkeiten: Entweder das Praktikum ab 2015 auf 12 Wochen begrenzen oder 8,50 Euro pro Stunde zahlen.
Kritik an der Landesregierung kommt von den Grünen. „Eine angemessene Vergütung für Praktika ist eine Frage der Gerechtigkeit“, sagte der Fraktionsvorsitzende Jürgen Suhr. „Hier offenbart sich, dass ,von sozialer Gerechtigkeit reden' etwas anderes ist, als dies auch tatsächlich umzusetzen. Die Landesregierung handelt hier unglaubwürdig. Wer den Mindestlohn propagiert, zu dem passt nicht, Praktikanten ohne jegliche Vergütung abzuspeisen.“
Die Linke in MV liefert für die Bezahlung gleich einen Vorschlag mit. „Die Landesregierung sollte sich an der aktuell gültigen Praktikantenrichtlinie Bund orientieren, die generell eine Praktikumsvergütung von mindestens 300 Euro pro Monat für Schülerinnen und Schüler, Berufsschüler und Studierende vorsieht“, sagte der Sprecher der Linksfraktion, Henning Foerster. „Auch wenn Praktika vorwiegend als Lernverhältnis definiert sind, leisten Praktikanten in den Ministerien und Landesbehörden bereits eine beachtliche Arbeit.“ Wer gute Arbeits- und Entgeltbedingungen bei den Unternehmen der Privatwirtschaft einfordere, sollte auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen, so Foerster. „Die Linksfraktion praktiziert dies bereits.“*
*Anmerkung der Redaktion: Auch unter Rot-Rot wurden bis 2006 die Praktikanten in Staatskanzlei und Ministerien nicht bezahlt. „Allerdings war die gesellschaftliche und arbeitsrechtliche Diskussion vor nunmehr 8 Jahren noch nicht so weit fortgeschritten“, teilte die Fraktion mit.