MV bringt das Kino zum Heulen und Lachen

Die Staatskanzlei wirbt mit zwei Kinospots fürs Land und der Betrachter weiß gar nicht, ob er lachen oder heulen soll.
10.10.2014
Roland Regge-Schulz

Manchmal habe ich es wirklich nicht leicht, so als Bewohner des deutschen Nordostens. Da renne ich mit der Kerze um den Pfaffenteich und bekomme dafür als Ersatz für den alten Bezirk das Bundesland mit dem beklopptesten Namen von allen. Mecklenburg-Vorpommern. So lang und sperrig, dass ich bei der Aussprache nebenbei ein halbes Bier trinken könnte. Aber das ist noch lange kein Grund, nicht stolz auf sein Land zu sein. Schließlich ist Mecklenburg doch schön und hat Tradition und Vorpommern hat Rügen. Und gemeinsam haben wir Mecklenburger und Vorpommern eine Landesregierung, die... nun ja, die aus Mecklenburg-Vorpommern „MV“ macht, ein albernes „tut gut“ dahinter klemmt und damit hinaus in Welt zieht, um für unser Land zu werben.
Mir fällt es schwer, warm zu werden, mit der Werbung, die für mich gemacht wird. Die Abkürzung MV benutzt außerhalb von Amtsstuben und Redaktionsräumen doch kein Mensch. Und tuten tut der Nachtwächter, hat schon Opa immer gesagt.

Aber meine Staatskanzlei setzt noch einen drauf. Einen Strandkorb als Markenbotschafter auf ein Windrad. Einen extra kleinen haben sie bauen lassen und ihn mit dem Hubschrauber hinaufgeflogen. Einen anderen haben sie mitten in den Nationalpark gekracht. Und einen im Ozeaneum versenkt. So richtig spektakulär, so wie das Land es eben NICHT ist.
Und als dann der letzte Strandkorb im leeren Staatstheater auftauchte und auf dem Plakat die Kulturlandschaft zur Bravourlandschaft wurde, da habe ich mich ein geschämt für MV. Zum Glück bin ich Mecklenburger keine MVler.

Jetzt wirbt die Staatskanzlei bundesweit in 131 Kinos in 18 Großstädten für das Land, für mein Land. Zwei kleine 20 Sekunden-Spots wurden gedreht. In der Pressemitteilung erklärt Staatskanzleichef Christian Frenzel: Mit unterhaltsamen Geschichten mache Mecklenburg-Vorpommern dabei selbstbewusst auf seine „Stärken und Potenziale als Land zum Leben und Arbeiten“ aufmerksam.

Also ab in den Kinosessel und mal gucken, womit mein Land so für sich wirbt. Ich will ja schließlich wissen, warum mich der Vetter aus dem Ruhrpott auslacht oder mir anerkennend auf die Schulter klopft. Und beides wird passieren. Aber sehen Sie doch selbst.

Kampagnen-Spot "Netz" des Landesmarketings Mecklenburg-Vorpommern

Nach den ersten 20 Sekunden, nach dem ersten Spot kullern mir die Tränen und ich schäme mich ein bisschen. Schöne Bilder? Ja! Sehr professionell gemacht.
Aaaaaaber... das habe ich doch schon tausendmal gesehen, das ist doch ein Werbespot für Flensburger. Nur ohne „Plopp“ und ohne Witz. Die junge, hippe Internetunternehmerin kommt beim Anblick des netzflickenden Fischers auf Networking. Das ist so 90er. Puhhh... Gleich den nächsten, dann haben wir es hinter uns.

Kampagnen-Spot "Tönesammler" des Landesmarketings Mecklenburg-Vorpommern

Wow, das war doch mal was. Schöne Idee, super umgesetzt. Nun mögen Nörgler sagen: So viele junge Menschen und solche Partys gibt es hier doch gar nicht. Na und! Wenn, vom Kinospot angezogen, die jungen Menschen nur so ins Land strömen, kommt die Party von allein.
Mir jedenfalls gefällt der Spot. Und wenn endlich Mecklenburg geschrieben wird und Vorpommern statt MV, dann höre ich auch auf zu meckern.

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