
Neun Hürden auf dem Weg zur Polizei
Angelika Stoof ist es gewohnt, in der Stadt immer wieder vor Problemen zu stehen. Wobei, das Wort „stehen“ es an dieser Stelle nicht ganz trifft. Die Schwerinerin ist gehbehindert, sitzt die meiste Zeit im Rollstuhl. Und genau das bremst sie aus. An der Eingangstür vom Finanzamt. In der neuen Stadtbibliothek. Und nun auch an der Polizeiwache in der Schlossstraße.

Problem Nummer 1 wartet am Haupteingang. Die beiden Stufen – unüberwindbar. An der Seitenwand, auf Höhe der Türklinke, ein Zettel. Öffnungszeiten. Telefonnummern. Aahhh, ganz unten auf dem A4-Blatt steht's: Ein barrierefreier Zugang befindet sich an der Giebelseite. Wäre er etwas größer gedruckt, könnten Rollstuhlfahrer den Hinweis lesen.

An der Giebelseite, das zweite Problem: Angelika Stoof manövriert ihren elektrischen Rollstuhl die Zufahrt hinauf. Links und rechts nicht anzuecken, ist nicht einfach. Viel größer dürfte ihr Rollstuhl nicht sein. Solche Modelle gibt es aber. Im Zweifel würden die Polizisten dann auch auf die Straße kommen, habe man ihr mal gesagt. Nur: An welcher Tür macht man sie darauf aufmerksam?
Die Klingel ist Problem Nummer 3. Aus der Perspektive von Rollstuhlfahrern hängt der Knopf ziemlich weit oben. „Wer wenig Kraft hat oder einseitig gelähmt ist, wird ihn kaum erreichen können“, sagt Angelika Stoof. Sie klingelt. Einmal. Zweimal.
Problem Nummer 4 an diesem Tag: Keiner öffnet.
Das hätte aber auch gleich zu Problem Nummer 5 geführt: Vor der Tür ist es sehr eng. „Der Wendekreis ist viel zu klein.“ Die richtige Position zum Reinfahren zu finden, nicht einfach. Nicht nur für Rollstühle, auch für Kinderwagen und Rollatoren, mutmaßt Angelika Stoof.
Problem Nummer 6: Wenn die Tür aufgeht, dann nach außen. Um Platz dafür zu machen, muss man an der engen Stelle hin- und herrangieren.
Problem Nummer 7: Weil keiner öffnet, muss Angelika Stoof die Zufahrt rückwärts herunterfahren. Immer wieder kommt sie mit ihrem elektrischen Rollstuhl ins Schlingern. Nirgends anzuecken - ein Kunststück.
Geschafft. Unten angekommen, stößt sie beim Versuch zu wenden an Problem Nummer 8: einen Sicherungskasten.
Problem Nummer 9: Der Behindertenbeirat, dessen Mitglied Angelika Stoof ist, sei zu keiner Zeit in die Planungen mit einbezogen worden. Dabei könnte man durch gemeinsame Gespräche so manche Kosten einsparen, ist sich Angelika Stoof sicher: „Es wird immer gesagt, barrierefrei zu bauen, ist sehr teuer. Das stimmt nicht. Teuer wird es erst durch nachträgliche Umbauten.“
Die gute Nachricht zum Schluss: Ist man erst mal drin in der Wache, sei, so Angelika Stoof, dann tatsächlich alles „uneingeschränkt barrierefrei“.