So geht der Schweriner Sparzwang weiter

Die Finanzprüfer von PWC haben ihre Sparvorschläge und Prüfanträge für Schwerin vorgelegt. Und was kommmt jetzt? Acht Fragen und Antworten.
20.03.2014
Matthias Hufmann

1. Wann beginnen die Verhandlungen mit der Stadt?
Das mehr als 250-seitige Gutachten wurde am Dienstag übergeben. Bis 27. März will die Verwaltung die Ergebnisse bewerten. Vier Tage später sollen die Gespräche mit dem Beratenden Beauftragten beginnen. Am 2. April wird der Hauptausschuss zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Dann soll der Zwischenbericht noch einmal vorgestellt werden. Die Stadtvertreter sind dazu eingeladen.

2. Wann sollen die Verhandlungen beendet sein?
Am Jahresende. So lautet zumindest die Zielmarke. Die neun Berater von PWC werden dann anderthalb Jahre geprüft, bewertet und verhandelt haben. Die Kosten dafür - maximal 300.000 Euro - übernimmt das Innenministerium.

3. Was sind die heikelsten Themen?
Davon gibt es eine ganze Reihe. Nicht nur zwischen PWC und Verwaltung. Die Parteien haben am Mittwoch schon einmal angekündigt, dass sie etliche Sparvorschläge nicht einfach hinnehmen werden. Höhere Fahrpreise für Bus und Bahn zum Beispiel, das Aus für freiwillige Feuerwehren, die Schließung von Speicher und Freilichtmuseum. Ebenfalls auf Widerstand stößt der Plan, die Kita GmbH zu privatisieren.

4. Welcher Vorschlag wird auf jeden Fall abgelehnt?
Die weitere Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer. Das ist mit der Stadtvertretung nicht zu machen. Schwerin würde Schaden nehmen als Wohn- und Wirtschaftsstandort, sagt CDU-Fraktionschef Sebastian Ehlers. Linke, Unabhängige Bürger, Grüne, FDP: Alle haben ähnlich und genauso deutlich geantwortet. Die SPD äußerte sich gestern noch nicht zu den Inhalten des Gutachtens. „Das ist Stochern im Nebel“, so Daniel Meslien. Der Fraktionsvorsitzende will erst die Bewertung der Verwaltung abwarten.

5. Welcher Vorschlag wird angenommen?
Im Bereich Jugend und Soziales kommen wohl die hohen Kosten auf den Prüfstand. Im Vergleich zu anderen Städten gibt Schwerin deutlich mehr aus. „Allerdings halten wir für dringend erforderlich, das Wohl der Kinder und der Jugendlichen höher zu bewerten als die anfallenden Kosten“, sagt Gerd Böttger (Linke).

6. Was geschieht mit den anderen Vorschlägen?
Die meisten werden vermutlich nicht so bleiben, wie ursprünglich formuliert. Sie sind eine Gesprächsgrundlage, heißt es vom Auftraggeber des Gutachtens, dem Innenministerium. In vier Wochen könne alles ganz anders aussehen. Außer beim Sparvolumen.

7. Wer entscheidet über die Sparmaßnahmen?
Die neue Stadtvertretung nach den Kommunalwahlen. Mit ihr möchte das Innenministerium ein Konsolidierungsziel vereinbaren und per Vertrag besiegeln.

8. Wie sieht dieses Ziel aus?
Laut PWC lassen sich mittelfristig bis zu 18,8 Millionen Euro im Jahr einsparen. Ziel ist die Schwarze Null beim Haushalt. „Es ist eine Operation im Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung“, weiß selbst das Innenministerium.

Lesen Sie weiter: Die Streichliste / Die Prüfaufträge / Der Kommentar


Die Reaktionen:

Gerd Böttger (Linke): „Die allermeisten Vorschläge sind nicht neu. Viele von ihnen wurden bereits diskutiert und von der Stadtvertretung verworfen. Besonders die Vorschläge im Bereich Kultur lehnen wir entschieden ab. Kultur ist für Schwerin ein wichtiger Standortfaktor und deshalb ist dieser Kahlschlag für uns kein Thema. Ebenfalls auf Widerstand stößt der Vorschlag, die Kita GmbH zu privatisieren. Privatisierung von kommunalem Eigentum ist mit uns nicht zu machen. Die Steuern wurden bereits kürzlich erhöht, jetzt ist erstmal Schluss damit. Im Bereich Jugend und Soziales halten wir eine Prüfung der hohen Kosten im Vergleich zu anderen Städten für sinnvoll. Allerdings halten wir für dringend erforderlich, das Wohl der Kinder und der Jugendlichen höher zu bewerten als die anfallenden Kosten. Dass die Sparkasse Gewinne an die Stadt ausschütten soll ist vernünftig.“

Sebastian Ehlers (CDU): „Viele Vorschläge sind nicht neu. Eine weitere Erhöhung der Grund- und der Gewerbesteuer lehnt die CDU ab, da dies Schwerin als Wohn- und Wirtschaftsstandort schaden würde. Auch die Auflösung von Freiwilligen Feuerwehren und die Schließung der Musikschulen wird es mit uns nicht geben. Die hohen Kosten im pflichtigen Bereich der Jugendhilfe sollen dagegen auf den Prüfstand. Hier muss vor allem die Frage geklärt werden, warum Schwerin höhere Pro-Kopf-Ausgaben hat als andere Kommunen. Auch durch eine stärkere interkommunale Zusammenarbeit mit den Nachbarlandkreisen sehe ich Einsparpotential für unseren Haushalt. Diese Vorschläge müssen jetzt geprüft und sachlich diskutiert werden.“

Silvio Horn (Unabhängige Bürger): „Für viele Maßnahmen, die sich allein aus betriebswirtschaftlicher Sicht begründen lassen, wird es keine politischen Mehrheiten geben, weder vor noch nach den Wahlen. Insbesondere Steuererhöhungen zu Lasten der Bürger, also die weitere Erhöhung der Grundsteuer B, schließe ich für unsere Fraktion aus. Ich persönlich halte allein den Komplex Jugend & Soziales für untersuchenswert. Man muss schauen, ob tatsächlich zu wenig ambulante Hilfeangebote in Schwerin vorhanden sind und deswegen kostenintensive stationäre Hilfen verordnet werden, und weiter, ob tatsächlich die Fachleistungssätze der in Schwerin agierenden Träger überdurchschnittlich hoch sind, und schließlich, ob generell zu schnell HzE gewährt wird (Lea-Sophie-Effekt) - so alles von PWC behauptet.“

Frank Fiedler (B90/Grüne): „Über einige Maßnahmen wird man sicherlich nachdenken müssen. Aber ein Großteil des Defizits soll durch erneute Erhöhung der Steuern und steigende Preise des Schweriner Nahverkehrs geschlossen werden. Diesen Weg werden wir nicht mitgehen. Die Schweriner rangieren bei der Steuerbelastung schon ganz oben, so dass weitere Erhöhungen auch mit Blick auf die Konkurrenz durch umliegende Gemeinden nicht mehr umsetzbar sind.“

Michael Schmitz (FDP): „Der Maßnahmenkatalog des Beauftragten ist sorgfältig und breit zu diskutieren. Ein weiteres Drehen an der Steuerschraube wird die Belastungsgrenze der Schweriner jedoch überschreiten. Letztlich muss jedoch kommunales Leben noch möglich sein. Die Schweriner FDP fordert vom Land einen erheblichen Beitrag zur Entschuldung Schwerins und anderer Kommunen. Vollkommen ungelöst ist die Frage der Altschulden. Da das Land bisher die Haushalte Schwerins immer genehmigt und damit für rechtmäßig befunden hat, fordern wir eine Übernahme der Altschulden und zukünftig eine ausreichende Finanzausstattung.“

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