173 Erstklässler haben noch keine Schule

  • dieschweriner
In acht Wochen ist Einschulung. Doch mehr als 170 Erstklässler wissen noch nicht, in welche Schule sie kommen. Betroffen sind all jene, die sich für die Fritz-Reuter-Schule und die Friedensschule angemeldet haben. Rund 40 Kinder werden am Ende von Amts wegen in Lankow oder Neu Zippendorf eingeschult.
26.06.2014
Sylvia Kuska

Fabienne* kann es kaum erwarten, dass endlich Ende August ist. Ihren Ranzen hat sie sich schon ausgesucht. Am liebsten wäre sie auch schon mal ihren Schulweg damit abgelaufen. „Doch ich kann ihr noch nicht einmal sagen, in welche Schule sie kommt“, klagt ihre Mutter. Den Antrag hat Marie K.*, so wie die Frist es vorsieht, im vergangenen Herbst gestellt. Gehört hat sie darauf bis heute nichts.

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Katharina F.* ist da schon einen kleinen Schritt weiter. Sie weiß immerhin, dass ihre Tochter an den beiden angegebenen Wunschschulen abgelehnt wurde. An der einen mit der sinngemäßen Begründung, dass andere Kinder dichter wohnen. An der anderen, obwohl sie die dichteste gewesen wäre. Die Widersprüche dagegen laufen.

Beiden Familien ist gemeinsam, dass mindestens eine ihrer Wunschschulen die Fritz-Reuter-Schule oder die Friedensschule ist. So wie Marie K. und Katharina F. hängen alle Eltern, die ihre Kinder dort einschulen lassen wollen, in der Luft. Alle anderen hätten kürzlich die Schulbescheide erhalten, sagt Caren Gospodarek-Schwenk. Sie leitet das Amt für Jugend, Schule und Sport.

Die Emotionen unter den betroffenen Eltern kochen hoch. „Bekomme ich dann so kurzfristig überhaupt noch einen Hortplatz?“, sorgt sich eine Mutter. Viele Eltern sind bereits ab 1. August darauf angewiesen. Dann endet die Kita-Betreuung. „Wir können nicht einmal die Einschulung richtig planen, weil wir nicht wissen, wie viele Gäste zur Feier in die Schule mitkommen können“, empört sich eine andere. 

Das Problem: Die beiden innerstädtischen Schulen sind bei Eltern äußerst beliebt. Die Anmeldungen steigen von Jahr zu Jahr. Die Plätze reichen längst nicht mehr aus. Folge: Immer mehr Kinder müssen abgelehnt werden. Eltern können innerhalb von vier Wochen Widerspruch dagegen einlegen. In diesem Jahr endet die Frist am 3. Juli.

Warum so spät? Wie viele Erstklässler für die städtischen Schulen angemeldet werden, steht erst Ende April fest, sagt Sozialdezernent Dieter Niesen. Dann, wenn klar ist, wie viele Kinder an eine private Schule gehen und die Ergebnisse der Schultests da sind.

Als die Zahl vorlag, sei schnell klar gewesen, dass sich die Schulwünsche der Eltern nicht mit den vorhandenen Plätzen an der Friedens- und Reuter-Schule decken. Es musste ausgewählt werden. Das machen zunächst die Schulleitungen. Eines der wichtigsten Kriterien: der Schulweg. Je kürzer er ist, umso besser stehen die Chancen.

Vor diesem Hintergrund hätten einige Eltern Anfang Mai einen Info-Brief bekommen. Darin wurde ihnen die Situation erklärt, wurden sie gebeten, auch andere Schulen in Betracht zu ziehen. Vorgeschlagen wurden die Grundschule Lankow und die Astrid-Lindgren-Schule. Für viele der betroffenen Eltern ein Eingriff in ihre Wahlfreiheit. „Rückmeldungen gab es darauf keine“, sagt Caren Gospodarek-Schwenk. 

Anfang Juni seien dann für 43 der 173 angemeldeten Kinder die Ablehnungsbescheide verschickt worden. "Bislang kamen 13 Widersprüche zurück." Entschieden werde darüber erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist. Bis zu den Sommerferien sollen die Eltern der 173 Kinder Klarheit haben, so Dieter Niesen.

Und wessen Widerspruch abgelehnt bleibt? Der werde von Amts wegen an die Grundschule Lankow oder nach Neu Zippendorf an die Astrid-Lindgren-Schule verwiesen, so Caren Gospodarek-Schwenk. Es sei denn, die Eltern zaubern noch einen anderen Schulplatz aus dem Hut. Das dürfte aber nahezu aussichtslos sein. Bis auf ein paar Einzelplätze seien alle anderen städtischen Grundschulen voll, sagt Holger Buck, der für Schulen zuständige Abteilungsleiter.

"Warum macht man an den betroffenen Schulen nicht einfach noch eine erste Klasse auf, wenn der Bedarf da ist?", fragt Katharina F. Platzmangel, heißt die Antwort aus der Verwaltung.

Und das Hortproblem bei solch kurzfristiger Schulplatzvergabe? "Alle Kinder, die Anspruch haben, werden am Ende auch einen Hortplatz erhalten", verspricht Dieter Niesen.

Katharina F. und ihr Mann haben sich inzwischen entschieden, ihre Tochter an einer Privatschule anzumelden. „Auch wenn es dann finanziell eng wird.“ Die Zusage hat sie bereits, auch für den Hortplatz. Für Marie K. ist das keine Option. „Das können wir uns gar nicht leisten.“

 

* Namen von der Redaktion geändert.