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Ein Stadtrundgang mit Toten
Der Franzosenweg ist ihr Lieblingsplatz, sagt Diana Salow. Sie muss nicht lange nachdenken über die Antwort. Der Franzosenweg liegt direkt am Wasser, am Franzosenweg liegt ihr Tennisverein und ein totes Kind. Der Franzosenweg ist real, der Tennisverein auch, das Kind zum Glück nicht.
Diana Salow hat es erst zum Leben erweckt und dann umbringen lassen. Natürlich nicht wirklich. Salow liebt Krimis, im Fernsehen zu sehen, sie zu lesen. Und sie schreibt Krimis und hat so die Macht ihre Figuren nach Belieben leben und sterben zu lassen. Und das an sehr realen Schauplätzen. Mitten im doch ansonsten so beschaulichen Schwerin.
Es ist Schwerin, es ist ihre Stadt, in der sie geboren wurde, in der Frauenklinik, die sich damals noch in einem Ziegelbau in der Bornhövedstraße befand.
Die Nordstadt war das Zuhause ihrer Kindheit und das Achteck Heimat der Jugend. Wer mit Diana Salow in alten Zeiten spazieren geht, findet sich im Lesecafé wieder und im Strandpavillon. Überall dort, wo etwas los war, damals in den 1980ern in Schwerin. Es ist die Stadt in der sie arbeitet, in der sie täglich aus dem Sekretariat der Landtagspräsidentin auf den Alten Garten guckt. Viel schöner kann man nicht aus dem Fenster gucken in Schwerin.
Eine wunderbare Kulisse zum Morden? Schreiben war für sie erst so eine Art Therapie, erzählt Diana Salow. Sie hat damit ihr Leben aufgearbeitet, hat ihre Geschichte und die ihrer Familie aufgeschrieben. Sie hat die Namen geändert und eine Kriminalgeschichte dazugedichtet. Und sich am Ende leichter gefühlt. Nicht allen in ihrer Familie hat diese Art Vergangenheitsbewältigung gefallen. Der Familienfrieden ist bis heute gestört.
Sie hat das Buch ein paar Verlagen in Mecklenburg-Vorpommern angeboten und die üblichen Absagen bekommen: Passt nicht ins Programm oder ist zu kurz für einen Roman. Also hat sie es selbst herausgegeben, als E-Book bei Amazon. Nur ein paar Exemplare für Freunde hat sie drucken lassen.
Diana Salow ist nicht leise. Im Gespräch mit ihr bleibt wenig Pause zwischen Frage und Antwort. Handball hat sie gespielt, erzählt sie. Tennis ist ihr inzwischen lieber. Gewinnen will sie immer. Wenn sie beim Tennis verliert, kann sie nur sich die Schuld geben. Beim Handball verliert das ganze Team. Sie war die Teamführerin und nach manchem Spiel hat nicht jede aus der Mannschaft mehr mit ihr gesprochen.
Diana Salow hat ein zweites Buch geschrieben. Ein Stadtrundgang mit Toten. Ein Schwerin-Thriller. Und sie hat die Vermarktung von vornherein komplett selbst in die Hand genommen. Sie beschäftigt sich mit den Ranglisten bei Amazon, animiert Freunde und Bekannte ein paar Sätze als Rezension zu schreiben und hat für das Cover ein Selbstporträt verwenden lassen. Sie verschickt Rezensionsexemplare und wer ihr auf Facebook begegnet, sieht sie mit dem neuen Buch in der Hand in die Kamera lächeln.
Bei allem ist der Sport ein bisschen zu kurz gekommen im letzten Jahr. Sie trainiert natürlich immer noch regelmäßig auf ihrem Lieblingsplatz am Franzosenweg. Bei den Punktspielen musste die Damen-Tennismannschaft aber ohne sie auskommen.
Diana Salow heute außerhalb des Schlosses zufällig in Schwerin zu treffen, ist schwierig. Vielleicht mal bei einem Rotwein sitzend beim Italiener. Und Tanzen war sie das letzte Mal vor zwei Jahren bei einer Ü40-Party im "Bus Stop" auf dem Großen Dreesch. Aber auch nur weil ihr Mann dort mit seiner Band gespielt hat. “Blue Light” heißt die Band, Blaulicht. Steffen Salow spielt Gitarre und singt und ist Polizist. Er ist Pressesprecher der Polizeiinspektion Schwerin. Wenn tatsächlich mal ein Mord passiert, würden wir es von ihm erfahren.
Und wenn nicht? Dann beschreibt seine Frau einen. Zu Hause, am Rande Schwerins, in aller Ruhe in Wittenförden. Die Idee für den nächsten ist schon da.
Zu den Büchern von Diana Salow: