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Grausamkeiten, ein weißer Klotz und keine Ideen
Doch, doch, sagt das Innenministerium jetzt, beauftragt eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die am Ende eine Sparliste vorlegt, deren 26 Punkte wir auch in zehn Minuten für eine Tasse Kaffee hätten aufschreiben können. Das Ministerium hat dafür einen sechsstelligen Eurobetrag ausgegeben. Der Fairness halber müssen wir zugeben, dass die Sparliste der Wirtschaftsprüfer mit Zahlen hinterlegt ist, in deren Elend wir bei der Kaffeesatzleserei nicht rühren gewollt hätten. Zahlen allerdings, die zum Teil aber auch Kaffeesatzleserei sind. Wer weiß schon, wie viel Geld der Nahverkehr einnimmt, wenn die Fahrkarte teurer und das Streckennetz dünner ist? Und kann das effektiver arbeitende Ordnungsamt wirklich mehr Knöllchen verteilen, wenn die Autofahrer wissen, dass das Ordnungsamt effektiver arbeitet, und lieber gleich in eine andere Stadt fahren, weil es in Schwerin nur Knöllchen und ein ausgedünntes Nahverkehrsnetz gibt? Und folgen die Händler ihren Kunden? Wie, bitteschön, kann man einen solchen Teufelskreis berechnen?
Der Fehler liegt schon im Auftrag des Innenministeriums an die Wirtschaftsprüfer. Die Frage darf nicht lauten: Wie kann Schwerin mit dem Geld auskommen? Sondern: Wie kann Schwerin zu Geld kommen? Das Sprichwort sagt: “Spare in der Zeit, dann hast du in der Not”. Und nicht umgekehrt. Um es einmal konkret zu machen.
FALSCH ist es, zu sagen: Das Museum hat zu wenig Besucher, wir müssen es schließen.
RICHTIG ist, sich zu fragen: Wie bekommen wir mehr Besucher in das Museum?
Zitieren wir hier mal aus einer Leserzuschrift: “Ich war neulich in Glasgow. Richtig. Diese abgewrackte Arbeiterstadt da links unten in Schottland. Die haben genau das Gegenteil gemacht. Geld reingesteckt, Kunst und Kultur gefördert, Museen sind kostenfrei. Ratet mal, wie es da heute aussieht?”
Das Innenministerium hätte besser daran getan, die schwindelig vielen Euro statt für Sparvorschläge für einen Ideenwettbewerb auszugeben. Denn Ideen, die fehlen der Stadtführung wirklich.
Zu besichtigen ist das momentan am Schweriner Ziegelsee. Da möchte uns die Stadtregierung tatsächlich einen weißen Klotz als Innovation verkaufen. Andreas Thiele vom Amt für Stadtentwicklung warb für das zehnstöckige Hochhaus, dessen Anblick „anfangs ungewohnt“ sein mag, durch dessen Anblick aber eine geschwungene Silhouette bis zum roten Speicher-Hotel am Ostufer entstehe. Und dann wagte der Herr Thiele tatsächlich, in diesem Zusammenhang vom “Goldenen Schnitt” zu sprechen. Da fällt dem Maler vor Schreck der Pinsel aus der Hand.
Es ist die Einfallslosigkeit, die sprachlos macht. Es geht doch überhaupt nicht um zehn Stockwerke. Das Ding könnte zwanzig Stockwerke hoch sein oder dreißig. Aber es sollte etwas sein, das Schwerin prägt, dass man gesehen haben muss, wenn man Schwerin besucht, ein tanzender Turm, ein Segel eine umgekehrte Pyramide, was auch immer. Nur eben kein Klotz. Nicht noch einen!
Dem scheidenden Baudezernenten Wolfram Friedersdorff gefällt der Klotz. Sein mit Klatsche gewählter Nachfolger Bernd Nottebaum hat auch schon 23 Jahre Karriere in der Schweriner Stadtverwaltung hinter sich. Seine Parteifreunde sagen: Er besitzt die notwendige Sach- und Fachkunde für diese Aufgabe und bringt außerdem viel Verwaltungserfahrung mit ein. Von Ideen spricht keiner.
Was für eine schöne Woche. Der Frühling hat begonnen, genau so, wie man sich einen Frühlingsanfang wünscht. Mit Temperaturen um die 20 Grad und Sonne. Die Bauern der Umgebung reiben sich schon die Hände. Veronika, der Spargel wächst. Einen Monat früher als üblich wird die Saison beginnen und uns läuft schon die Sauce Hollandaise im Mund zusammen.
Frühlingsanfang mit Sonne satt. Das war die beste Nachricht. Vor einem Jahr hatten wir Schnee ohne Ende. So viel, dass der lustige Horst Evers Angst hatte von einer Lawine erschlagen zu werden. In Schwerin!
Was für eine Woche! Die Bildungskarte wurde vorgestellt und die neue Laufhalle eröffnet. Wissen für alle und vergessen die Wut über die Brandstiftung.
Was hätte das für eine Woche sein können! Aber unsere Küche ist immer noch nicht da. Wir üben Solidarität mit unserer Stadt und sparen. Statt einer neuen Anmerkung wiederholen wir den Küchensatz der letzten Woche: Ihr Fehlen würde uns fehlen.