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Klatsch, klatsch, klatsch: Die Donaldisten kommen!
Christian Zarnack, 68, Psychotherapeut, trägt seine Leidenschaft brustbreit zur Schau. Bunt auf weiß staunt Donald Duck in dem Comic über die noblen Gäste um ihn herum. Erst auf den zweiten Blick fällt der Name des Schweriners darin auf.
Das Shirt ist ein Geburtstagsgeschenk seiner Frau Renate. Ein Gag, aber keiner mit austauschbarem Namen. Erika Fuchs, die berühmte Übersetzerin der Duck-Comics, hatte große Achtung vor den Donaldisten. So große, dass sie ab und an einen Namen in die originalen Sprechblasen schmuggelte.
Klar, dass Christian Zarnack sich am Wochenende diese Ehre auf den Leib zieht. Anzug und Krawatte braucht es nicht, wenn sich Donaldisten zum jährlichen Kongress treffen.
Diesmal machen sie sich auf nach Schwerin. Mitten in die donaldistische Einöde, sagen vielleicht diejenigen, die vor einem Jahr im knappen Votum für Köln gestimmt haben. Positiv formuliert führt der Weg sie von Nord, Ost, Süd und West in die donaldistische Hochburg von MV. 1000 Mitglieder zählt, manche Karteileiche mitgerechnet, die Deutsche Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus, kurz D.O.N.A.L.D, seit ihrer Gründung 1977. Die beiden Mitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern wohnen in Schwerin. Im Osten ist man mit Mosaik und Atze groß geworden.
Christian Zarnack kam via Hamburg und München nach Schwerin. Er ist wie alle Donaldisten mit Donald Duck aufgewachsen. Mit jenen Geschichten, denen der amerikanische Comiczeichner Carl Barks und die deutsche Übersetzerin Erika Fuchs ihren unverwechselbaren Charakter gegeben haben. Nach kindlichem Leseeifer erwachte bei ihnen irgendwann erwachsene Neugier: Wieso haben die Ducks Zähne und nutzen sie beim Essen nicht? Hat Donald Duck Sex? Wie ist das Klima in Entenhausen? Donaldisten stellen Theorien dazu auf, suchen in Bildern und Texten nach Belegen – machen eine empirische Wissenschaft daraus. Dafür werden sie bewundert, belächelt, manchmal auch verspottet. Sie selbst legen großen Wert auf die Ernsthaftigkeit ihrer Wissenschaft.
Kann man „die Theorie von allem“ in 45 Minuten packen? Christian Zarnack ist zuversichtlich. Ein Donaldist kann das! In den vergangenen Tagen sind auch die letzten Themen für die Vorträge eingetrudelt. Sieben sind es geworden. Allesamt kryptische Titel wie „Wenn Deiche weichen“ und „Entenhausen – eine marktradikale Plutokratie“. Oder eben „Die Theorie von allem“. Was die Redner damit sagen wollen? Kongressorganisator Zarnack möchte das vorher nicht wissen, lässt sich wie alle anderen überraschen. Fest steht nur: Wer reden will, muss sich kurz fassen. Läuft es gut, gibt’s „Klatsch, klatsch, klatsch“-Rufe. So applaudieren Donaldisten.
Und wenn sie von Donald Duck sprechen, sagen sie „Duck“. Das sollte Silke Gajek wissen. Die Grünen-Politikerin und Vize-Präsidentin des Landtags hält auf dem Kongress einen Vortrag darüber, wie es war, ohne Donald Duck aufzuwachsen. Die Verlockung, „Dack“ zu sagen, dürfte groß sein – käme aber, so sagt Christian Zarnack, einem Schalke 05 gleich.
Ungefähr 100 Donaldisten haben sich für Schwerin angemeldet. Sie werden reden, zuhören, essen, reden, zuhören und wieder essen. Und am Ende auch einen neuen Oberdonaldisten wählen. Wer sich zur Wahl stellt, muss als „Präsid“ eine „Ente“ sein wollen und ein Jahr später zum Abschied Pastinakenpudding mögen. Wie der schmeckt? „Das goldene Vlies“ von 1955 spricht Bände!
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