Brauerei-Ruine im Wandel

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    Blick auf die Abfülllinie, aufgenommen im Jahr 1975 (Bild 2 von 10).
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Für die alte Brauerei wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die Zeit des Brauens ist vorbei. Die Zeit des Brachliegens auch. Neues Leben zieht ein. Was kommt, davon konnten sich Schweriner am Sonnabend selbst ein Bild machen. Was mal war, haben wir im Stadtarchiv nachgeschlagen.
12.04.2014
Sylvia Kuska

Ein Holzschuppen, in dem Späne und Abfallholz gelagert werden sollten? Das kommt den Behörden spanisch vor. Sie haken nach. Dabei hätten Rudolf Neubeck und Gustav II. Schall am liebsten noch ein Geheimnis aus ihren Plänen an der Bergstraße 222 gemacht. Doch nun müssen die beiden Inhaber der Firma Schall & Schwencke Farbe bekennen, schreibt Bernd Neubeck in seiner Chronik über das Unternehmen. Der achteckige Neubau soll kein Schuppen, sondern ein Eiskeller werden. Den brauchen sie auch nicht für ihren Holzhof. Sie wollen bauen. In eine Brauerei investieren.

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Zehn Zeilen. Ein paar Zeichnungen. Zehn Tage später ist der Bauantrag genehmigt. Das ist Bürokratie im Dezember 1865 in Schwerin. Der Winter ist hart. Der Rohbau steht trotzdem nach zehn Wochen. 1867 wird das erste Bier gebraut.

Die Firma Schall & Schwencke ist den Schwerinern zu dieser Zeit längst ein Begriff. Die Unternehmensgeschichte fängt 46 Jahre vorher mit einer Gewürzwarenhandlung in der heutigen Buschstraße an. Bald darauf machen die Freunde Gustav I. Schall und Georg Schwencke am Ziegelinnensee einen Holzhandel auf, da wo vorher eine Tuchfabrik stand. Adresse: Bergstraße 222. Alternativ wird sie auch Stephansberg genannt. Die Knaudtstraße gibt es noch nicht. Sie wird erst 1872 angelegt.

Fünf Jahre nach dem ersten gebrauten Bier verkaufen Gustav II. Schall und Rudolf Neubeck die Brauerei, erhalten dafür 127.000 Thaler. Wiederum vier Jahre drauf wird aus hü wieder hott. Die beiden Unternehmer kaufen die „Mecklenburgische Actien-Brauerei zu Schwerin i/Mecklenburg“ für 210.000 Reichsmark zurück. Offenbar ein gutes Geschäft, wie im Stadtarchiv zu lesen ist. Denn laut Umrechnungskurs wären 127.000 Thaler 381.000 Reichsmark gewesen.

Anfang des 20. Jahrhunderts wird groß umgebaut. Abfüllkeller, Gärkeller, Eiskeller, Lager, Sudhaus, Malztenne, Kesselhaus, Pferdestall, Contorhaus – auf dem weitläufigen Gelände hat alles Platz.

Ab den 50er-Jahren machte die Brauerei so manchen Wandel durch. Sie wird GmbH, dann beteiligt sich der Staat an dem Privatbetrieb. 1972 wird er verstaatlicht, verschmelzen die Brauereien Schall & Schwencke, Lübz und Wittenberge zum VEB Getränkekombinat. Wende. Auflösung. Umwandlung in die Schweriner Schloßbrauerei GmbH. 1991 kommen Dänen. Auf Dauer retten kann das die Brauerei nicht. Zuerst sind die Tage für den Standort am Ziegelinnensee gezählt. Ab 1995 wird das Bier in Wüstmark gebraut. 1997 übernimmt die Oettinger-Gruppe aus Bayern die Brauerei. 2011 wurde auch dort der Bierhahn zugedreht.

Und die alte Brauerei? Die blieb jahrelang sich selbst überlassen. Die Graffiti an den Wänden wurden stetig mehr, die heilen Scheiben weniger. Sträucher überwucherten das Gelände.

Nun soll wieder Leben einziehen. Aus dem alten, grauen Bürotrakt ist bereits ein mit Holz verkleidetes Ärzte- und Wohnhaus geworden. Ansonsten braucht man aber noch viel Fantasie, um den Ideen von Ulrich Bunnemann eine Form zu geben. Der Investor und Architekt plant auf dem 37.000 Quadratmeter großen Gelände unter anderem Wohnungen, Büroräume und ein Restaurant.