Der Wohltäter von Schwerin
Johann Hermann Kuetemeyer hat das gemacht, was man heute steile Karriere nennt. Mit 19 wird er Stadtsekretär. Mit 23 Senator. Mit 34 Bürgermeister. Er bleibt es 17 Jahre. Bis 1820. Auf seiner Visitenkarte würden auch noch Rechtsanwalt, Hofrat, Hypothekenverwahrer und Lehnrat stehen. So lässt es sich gut leben! Bis zum Ruhestand mit 71 und weit darüber hinaus. Und dann ist ja noch der „Notgroschen“.
„Ihr Vermögen hatten die Kuetemeyers im 18. Jahrhundert durch Landkäufe rund um Schwerin gemacht“, sagt Rainer Blumenthal vom Stadtarchiv. „Da Schwerin fast nur von Wasser umgeben war, haben sie großflächig Land in der näheren Umgebung aufgekauft. Denn sie wussten, dass sich Schwerin nur in diese Richtung erweitern konnte.“ Der Verkauf brachte eine Menge Geld. „Abgesichert war das Ganze durch die Funktionen, die die Kuetemeyers in der Stadt hatten. Sie unterschrieben manchmal ihre eigenen Landverkäufe an die Stadt mit der Funktion die sie gerade in der Stadt inne hatten.“ Klüngelte Johann Hermann auch mit? „Das wäre Spekulation.“
Wir schreiben das Jahr 1849. Johann Hermann Kuetemeyer ist 80, blickt auf sein privilegiertes Leben zurück und fasst als „Beweis meiner Dankbarkeit“ einen Entschluss: Er gründet eine Stiftung, die bedürftigen Schwerinern Geld leiht. Kleine Beträge zinslos. Sicherheiten oder Bürgen? Sind nicht wichtig. Was zählt, ist die Notlage. Und ein fleißiger, sparsamer Lebenswandel, ist in alten Schriften im Stadtarchiv zu lesen. Er nennt sie Kuetemeyer-Schencke-Steinicke´sche Stiftung. Nach sich und den Mädchennamen seiner beiden Frauen. Als Kuetemeyer im Juli 1854 stirbt, werden die Anleihe-Geschäfte wirksam. Wer Geld bekommt, hat zehn Jahre Zeit, es zurückzuzahlen. In selbst gewählten Raten.
Kuetemeyer ist fast 40 Jahre tot, als die Stiftungsverwalter es leid sind, schon wieder zu packen. Seit Jahrzehnten schleppen sie Umzugskartons, um der Enge zu entfliehen. Von der Lindenstraße in die Kirchenstraße. Lübeckerstraße, Heinrichstraße, Münzstraße. Etwas Eigenes musste her.
Ein Jahr geben sich Maurer, Tischler, Schlosser, Steinmetze, Bildhauer, Stuhlmacher, Tapezier, Klempner, Drechsler und Maler aus der Region in der Marienstraße 448a die Klinke in die Hand. Bis 1894. Dann ist für 95.000 Mark inmitten von Gärten auf drei Etagen genug Platz erwachsen. Dort, wo die August-Bebel-Straße heute die Nummer 29 trägt.
1941 lösen die Nazis die Stiftung auf. Im Jahr darauf zieht das Standesamt von der Puschkinstraße hierher. Wegen der „würdigen Räume“, steht im Archiv geschrieben. Bis 2005 sagen tausende Paare am Pfaffenteich Ja zueinander. 2010 verkauft die Stadt das Haus. Der neue Eigentümer hat es von Grund auf saniert.