
Happy Birthday, Mueß!
Dieser Geburtstag gehört sicher nicht zu den Daten, die man mal eben so im Kopf hat. Auch als Mueßer nicht. Lothar Otto Waldner hat das Datum im Kopf. Der Rentner hat aber auch quasi von Berufswegen mit Geschichte zu tun. „Das war doch am 1. Mai 1304“, sagt er wie aus der Pistole geschossen, als wir ein Foto bei ihm im Freilichtmuseum machen wollen. Seit 18 Jahren ist der 75-jährige dort Museumsschmied. Die Anlage mit ihren reetgedeckten Fachwerkhäusern ist meistens das erste, was die Leute in und um Schwerin mit Mueß verbinden. Neben dem Fischereihof. Und der weithin bekannten Softeisdiele. Oder der langen Schlange davor.
„Die ersten Einwohner waren vermutlich Jäger und Fischer in der Stein- und Eisenzeit“ schreibt Hans-Joachim Falk im Buch „Landeshauptstadt Schwerin – Altstadt bis Zippendorf“. Erstmals erwähnt wurde Mueß am 1. Mai 1304. Damals hieß es Muce, später auch Mucze und gehörte noch nicht zu Schwerin. „Im Dreißigjährigen Krieg wurde Mueß völlig verwüstet.“ Aber wieder aufgebaut. Seine Eigenständigkeit verlor das Dorf 1936. In dem Jahr wurde es einschließlich seiner beiden Inseln Kaninchen- und Ziegelwerder eingemeindet. „In den letzten beiden Wochen des Zweiten Weltkrieges zogen Flüchtlingsströme von Osten kommend durch Mueß“, ist in der Chronik nachzulesen. „An der Fähre endete am 2. Mai 1945 der Todesmarsch von hunderten Häftlingen des Konzentrationslagers Sachsenhausen, die an dieser Stelle von Panzerspitzen der Sowjetarmee befreit wurden.“
Eine beträchtliche Fläche des Stadtteils nimmt das Freilichtmuseum ein. Zu der weitläufigen Anlage, in der sich Besucher ein Bild davon machen können, wie die Menschen früher gelebt und gearbeitet haben, gehören 17 Gebäude. Das Niederdeutsche Hallenhaus aus dem 17. Jahrhundert, zum Beispiel. Oder der Hirtenkaten, die Büdnerei, die Dorfschmiede und die Dorfschule. Nirgendwo sonst in Schwerin bilden reetgedeckte Fachwerkhäuser und Eigenheime aus jüngerer Vergangenheit einen derart städtebaulichen Kontrast wie in Mueß.
Wohin am Wochenende? Nach Mueß! Ende des 19. Jahrhunderts entdeckten die Schweriner das Dorf zunehmend als Ausflugsziel für sich. Besonders beliebt war das Lokal "Zur Fähre". So beliebt, dass dort der Chronik nach um 1900 sogar ein Anleger für Linienschiffe und Ausflugsdampfer entstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg brachten sie im Stundentakt Gäste an Land. 1982 wurde das Lokalgebäude abgerissen und durch ein neues ersetzt. Das brannte 1993 ab. Die Ruine steht noch heute.