Kaufmänner, ab mit euch auf die Schelfe!

Herzog Friedrich Wilhelm hat es nicht so salopp formuliert, aber genau das um 1705 im Sinn gehabt. Seine Pläne waren groß. Die Neustadt sollte Dreh- und Angelpunkt für den Handel werden.
27.03.2015
Sylvia Kuska

Aus der Vorstadtsiedlung ein Zentrum für Handwerker und Kaufleute zu machen, hätte er sich einiges kosten lassen. „Diverse Privilegien und Behilfen“ sollten die Wirtschaft auf die Schelfe locken, steht in der Stadtchronik. Der Herzog starb jedoch, bevor er seine Pläne ernsthaft vorantreiben konnte. Seine Förderpolitik wurde Makulatur. 1738 versuchte ein Bürger, die in einer Deklaration von 1705 versprochenen Behilfen für den Bau seines Hauses zu erhalten. Die Regierung lehnte jedoch ab. Begründung: „veränderte Zeitumstände“ und „die Knappheit der herzoglichen Kasse“, schreibt Bernd Kasten in „Schwerin. Geschichte der Stadt“.

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Und so haperte es denn mit der Baulust auf der Schelfe. 1750 versuchte Herzog Christian Ludwig II. mit einer Anordnung, die Bebauung der Vorstadt voranzutreiben: Wer einen an der Straße liegenden Garten besaß, musste ihn innerhalb von einem Jahr bebauen. „Andernfalls mußten sie den Platz unentgeltlich an jeden der sich zum Bau verpflichtete, abtreten“, schreibt Bernd Kasten. Das stieß natürlich auf Widerstand. Die Anordnung wurde im Laufe der Jahrzehnte jedoch mehrfach bekräftigt.

Einen Bauboom gab es dennoch nicht. Das Geld der Leute war knapp. Die Schelfe zu abgelegen. Beispiel Bergstraße. Während heute jede Lücke bebaut wird, wurde man um 1770 herum Bauplätze dort nur schwer los. „Vor allem Handwerker zeigten wegen der Entfernung von ihren Kunden nur geringes Interesse.“ Das Handelszentrum war und blieb nun mal die Altstadt.

Die Regierung versuchte es deshalb noch einmal mit Förderpolitik, vergab Bauplätze und Bauholz kostenlos und gab für jeden Neubau in der Neustadt 25 Prozent der Baukosten dazu.

Bauen wie man wollte – das ging auch damals nicht: Eingeschossige Häuser? Tabu! Räume niedriger als 3,35 Meter? Nicht erlaubt! „Unansehnliche Baracken“? Wurden nicht gefördert. „Übermäßige Verzierungen“? Auch nicht. Ergebnis: Eine ziemlich einheitlich bebaute Neustadt.