So ein Müll!

  • Stadtarchiv Schwerin
Einen Eimer Geld? Ach, Eimergeld! Das müssen Schweriner heute zum Glück nicht mehr zahlen. Sonst würde es hier mächtig stinken!
29.12.2015
Sylvia Kuska

Wer seine nächtliche Notdurft entsorgen wollte, der musste früh aufstehen. Noch vor Morgengrauen schlugen die Glocken an. Bimmbamm, bimmbamm, Zeit die Nachteimer rauszustellen! Die Glocken hingen an den Wagen, mit denen die Abfuhrunternehmer morgens über das Kopfsteinpflaster von Haus zu Haus ratterten, um den „Menschenunrath“ und Straßendreck einzusammeln. Eine empfindliche Nase durften sie nicht haben. Ihre Arbeit war ein gewaltiger Fortschritt in der Müllentsorgung. Fortschritt? Nun, wir schreiben das 19. Jahrhundert. Und: Es kommt immer auf den Vergleich an.

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Tür auf, Müll raus, Tür zu. So ungefähr lässt sich beschreiben, wie die Schweriner noch ein paar Jahrzehnte zuvor Küchenabfälle, Unrat und Fäkalien entsorgt haben. „Die Misthaufen auf der Straße erreichten häufig solche Ausmaße, daß sie die Durchfahrt auf der Straße behinderten“, schreibt Bernd Kasten, Leiter des Schweriner Stadtarchivs, in seinem Buch „Schwerin. Geschichte der Stadt“. Der Müll „blieb dort so lange liegen, bis er als Dünger abgefahren oder vom Regen fortgespült wurde“.

Den Herzögen Christian Ludwig II. und Friedrich stank das mächtig. Sie verboten, Fäkalien auf die Straßen zu kippen. Irgendwo mussten diese aber hin. Die Stunde der Müllabfuhr schlug. Ein Fuhrunternehmer sammelte Straßenkehricht, Abfall und die Notdurft aus den Nachteimern ein. Dafür mussten die Einwohner „Karrengeld“ bzw. „Eimergeld“ zahlen. Zusätzlich gab es zeitweise noch einige hundert Reichstaler von der Stadt. Lukrativ war das Geschäft für den Fuhrunternehmer aber auch deshalb, weil es in Schwerin immer mehr Gärten gab und die Nachfrage nach Dünger stetig stieg. Umso größer waren die Einbußen, als die meisten Häuser 1908 an die Kanalisation angeschlossen waren.

Zehn Jahre später wurde die Müllabfuhr städtisch – und aus dem Karren- bzw. Eimergeld die Müllgebühr.

(Quelle: Bernd Kasten/Jens-Uwe Rost: Schwerin. Geschichte der Stadt. Thomas Helms Verlag. 2005.)