Ein Dach für die Schlossfestspiele?

  • Sylvia Kuska
    Das Modell "kleines Segel"
Der Regenschutz soll die Schlechtwetter-Besucher-Einnahmen-Bilanz aufpolieren. Drei Vorschläge gibt es. Und zehnmal so viele Fragen. Welches Modell ist das beste? Wer zahlt's? Und wie verkauft man das den Denkmalschützern?
13.11.2014
Sylvia Kuska

An die Theateraufführung im hessischen Bad Hersfeld hatte Michael Jungrichter ewig nicht mehr gedacht. Bis die Metrum-Wirtschaftsprüfer in ihrem Gutachten den Vorschlag machten, die Schweriner Schlossfestspiele aus dem Spielplan zu streichen. Ihre Argumente: Open-Air, Wetter, Einnahmerisiko. Da ploppte die Erinnerung auf. An einen Abend, an dem es während der Vorstellung in der Stiftsruine regnete und „blitzschnell ein Dach über die Zuschauer fuhr“.

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Bei einem Bierchen mit Joachim Kümmritz ließ der Vorsitzende der Schweriner Theaterfreunde seine Gedanken schweifen. Der Generalintendant schweifte mit. Sie bezeichneten sich gegenseitig als verrückt, vereinbarten, noch mal darüber zu schlafen und blieben überzeugt: Hinter jeder verrückten Idee steckt auch ein Sinn. 

Den deutlich zu machen, legten sie in die Hände eines Schweriner Architekturbüros. In einer Studie sollte es die Machbarkeit untersuchen. 20.000 Euro kostete das. Keinen Cent davon die Stadt oder das Theater, betont Kümmritz. Fördermittel flossen. Den Eigenanteil – 2000 Euro – zahlten die Theaterfreunde.

Die Architekten Wolfram Keßler und Frank Kirsten, beide bekennende Theaterfreunde, sammelten Informationen über den Baugrund und die Versorgungsleitungen auf dem Alten Garten, über städtebauliche Randbedingungen, vergangene Bühnenaufbauten und das Wetter während der Vorstellungen. Ergebnis: Von 2003 bis 2013 regnete es an 132 von 307 Spieltagen unmittelbar vor, während oder nach der Vorführung. Drei Schutzvarianten wären denkbar:

Vorschlag 1: ein großes Segel

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Ein großes Kunststoffsegel zu spannen, ginge zulasten der Tribüne. Auf ihr hätten laut Studie zwischen 1200 und 1300 Zuschauer Platz. Aus Sicht des Theaters wären 1800 bis 1900 optimal. Bislang gab es zwischen 1900 und 2500 Plätze pro Vorstellung. Die Tribüne könnte nur frontal zum Museum oder mit dem Rücken zum Theater stehen. Verankert würde das Segel im Boden vom Alten Garten. „Wahrscheinlich ist es dafür notwendig, Leitungen umzuverlegen“, steht im Gutachten. Das Segel bliebe während der gesamten Spielzeit gespannt. Kosten: einmalig 3,3 Millionen Euro. Plus jährlich 150.000 Euro für Lagerung, Aufbau und Abbau.

Vorschlag 2: ein kleines Segel

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Bei dieser Variante hätten 1800 Besucher Platz. Es bliebe bei den beiden Stellmöglichkeiten und der Verankerung im Boden vom Alten Garten, dem eingeschränkten Blick auf die Bebauung, dem dauerhaften Stand während der Zeit der Schlossfestspiele und dem Leitungsproblem. Kosten: einmalig 3,5 Millionen Euro. Plus jährlich 150.000 Euro für Lagerung, Aufbau und Abbau.

Vorschlag 3: Schirme

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Sechs Schirme könnten 1850 Plätzen Schutz vor Regen bieten. Sie elektrisch zu öffnen, würde sieben Minuten dauern. Die Tribüne wäre flexibel platzierbar. Die Schirme könnten auch für Veranstaltungen auf der Schwimmenden Wiese oder anderswo genutzt und außerhalb der Vorstellungen geschlossen werden. Auf einigen Plätzen versperren die Stiele den freien Blick zur Bühne. Randplätze könnten je nach Windlage weiterhin nass werden.  Kosten: einmalig 2,8 Millionen Euro. Plus jährlich 50.000 Euro für Lagerung, Auf- und Abbau.

Die Optionen liegen auf dem Tisch. Nun müssen Stadt und Theater einen Favoriten finden, Kosten und Nutzen, Vor- und Nachteile abwägen, Gespräche führen mit dem Kultusministerium, dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege und dem Betrieb für Bau und Liegenschaften als Eigentümer des Platzes. Frühestens 2016 könnte die erste Vorstellung überdacht sein, so die vorsichtige Prognose. In dem Jahr läuft jedoch auch die Spielgenehmigung für den Alten Garten aus. Welche Pläne der künftige Intendant dann hat, steht in den Sternen.

Woher die Millionen kommen sollen? Aus Tourismusfördertöpfen. Das Wirtschaftsministerium habe bereits entsprechende Signale gesendet, so Michael Jungrichter. Oberbürgermeisterin Angelika Gramkow stellt klar: „Ohne Fördermittel keine Überdachung.“

Und die Denkmalschützer? Die steigen den Planern auf's Dach. In der Ämterrunde von Stadt und Land seien die Vorschläge auf Ablehnung gestoßen, sagen die Architekten.

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