FBI stellt Schweriner Gemälde sicher
Das Telefon im Büro klingelt. Einen Moment lang glaubt Dirk Blübaum, nicht richtig zu hören. Der Mann am anderen Ende stellt sich als FBI-Agent vor. Erzählt dem verdutzten Museumsdirektor, dass der amerikanische Inlandsgeheimdienst in einem Wohnzimmer in Louisiana ein Bild entdeckt hat, das dem Schweriner Museum gehören könnte.
Dirk Blübaum muss nicht lange überlegen. Natürlich gehören die „Zwei Kinder im Park“ dem Museum! Es ist eines von 500 Gemälden, die seit dem Zweiten Weltkrieg in Schwerin als vermisst gelten.
Der Anruf vor einem Jahr ist für den Direktor wie ein Déjà-vu. 2005 hat sich schon einmal ein Amerikaner im Museum gemeldet. Er mailte ein Foto von dem Gemälde. Behauptete, es bei einer einflussreichen Familie zu Hause gemacht zu haben. Details nennen, das wollte er aber nie, erinnert sich Dirk Blübaum. Der Kontakt reißt ab. Lebt 2009 wieder auf. Irgendwann fragt der Informant, ob das Museum ihm seine Auslagen erstatten würde. „Wir sagten ihm, er soll uns eine Kostenaufstellung schicken“, so der Museumsdirektor. Daraufhin hat sich der Mann nie wieder gemeldet. Woher er weiß, dass die „Zwei Kinder im Park“ nach Schwerin gehören? Er ist offenbar in der Internetdatenbank "Lost Art" darauf gestoßen.
Das Ölgemälde gehört einst dem Herzog von Schwerin. „Im März 1743 war es in Hamburg für ihn gekauft worden“, sagt Kurator Gero Seelig. Damals sei es zunächst dem niederländischen Maler von Eykens zugeschrieben worden. Später Anton van Dyck und Nicolaes Maes. Seit 1894 gilt als sehr sicher, dass Adriaen Hanneman, auch ein Niederländer, es gemalt hat.
Im Herbst 1943 wird das Gemälde nach Schloss Ivenack gebracht. Zusammen mit anderen Kunstwerken aus Schwerin. Dann verliert sich seine Spur. Am 2. Juni 1945 ist es dort nirgends zu finden.
Wie kam es in die USA? Wie in den Besitz der Familie aus dem Bundesstaat Louisiana? Hat das ein strafrechtliches Nachspiel für sie? Wie wurde das FBI auf das Gemälde aufmerksam? Hat der Informant etwas damit zu tun? Viele Fragen. Und nur eine Antwort: „All das wissen wir nicht.“ Auch deshalb, weil das FBI keine Details übermittelt. Zum Schutz der Betroffenen.
Warum sich das FBI überhaupt mit dem Gemälde beschäftigt hat? Das hingegen ist leicht zu beantworten. Es hat eine eigene Abteilung, die sich auf den Bereich Kunstverbrechen spezialisiert hat. Die Mitarbeiter ermitteln weltweit.
Nach dem Anruf des Agenten gehen viele E-Mails zwischen Museum und FBI hin und her. Dirk Blübaum schickt Auszüge aus Inventarbüchern. Fotos. Das FBI prüft und prüft und prüft. Etwa ein Jahr lang. Dann sind die Eigentumsrechte offiziell geklärt, geht das Werk über eine Kunstspedition auf große Reise. Mit dem Flieger bis nach Frankfurt am Main. Von dort fährt ein Laster bis Schwerin.
Die Familie, in deren Besitz sich das Gemälde befand, soll sich der Herkunft nicht bewusst gewesen sein. Kann sie wirklich nichts gewusst haben? Darüber könne man nur spekulieren, sagt der Museumsdirektor. Auf der Rückseite des Gemäldes jedenfalls klebt ein Zettel. Lesen kann man darauf viele Details zum Gemälde. Auch, dass es einst dem Schweriner Herzog gehörte.
Seit das Bild im Museum ist, hat Dirk Blübaum viele Fotos davon gemacht, sie dem FBI geschickt. Mit der Bitte, sie an die amerikanische Familie weiterzuleiten. „Sie soll wissen, dass das Bild angekommen und in guten Händen ist.“
Ausstellungstipp
Das Gemälde „Zwei Kinder im Park“ wird in der Ausstellung „Kunstraub/Raubkunst“ zu sehen sein. Sie beginnt am 24. Oktober und endet am 1. Februar. In der Ausstellung geht es um das Rauben von Kunst. Anhand vieler Beispiele wird eine oft detektivische Spurensuche nachvollziehbar.