Kurz und gut

  • Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern
Der Publikumspreis für den besten Kurzfilm beim 24. Filmkunstfest in Schwerin geht an...
07.05.2014
Roland Regge-Schulz

Ein Porno könnte dabei sein, natürlich total künstlerisch und eine große Liebesgeschichte in fünf Minuten voller Gefühl erzählt oder ein total schräger Animationsfilm. Die Erwartungen an den Kurzfilmwettbewerb beim Filmkunstfest sind speziell. Journalisten dürfen Filme im Voraus gucken, das ist im Fernsehen so und im Kino. Damit Sie ihren Lesern sagen können, warum es sich lohnt, einzuschalten oder ins Kino zu gehen.

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Wir haben uns auch durch die Filme geguckt, aber nicht allein. Wir haben uns für die Preview ein paar Leute eingeladen, die mit uns gucken und entscheiden sollten. So hatte das Filmkunstfest noch gar nicht richtig angefangen, als sich ein Dutzend Filmfreunde einfanden, um mit uns den besten Kurzfilm des Wettbewerbs zu wählen. Am Ende wollen wir einen Preis vergeben, einen nicht offiziellen, nicht dotierten, dafür um so ehrenvolleren, völlig autonomen Publikumspreis.

Im Spielfilmwettbewerb des Filmkunstfestes gibt es für zehn Filme acht Preise. Im Kurzfilmwettbewerb für zwanzig Filme offiziell nur einen einzigen. Das ist doch ungerecht!

Eine völlig subjektive Entscheidung ist es am Ende geworden. Natürlich, denn unsere Juroren waren ja keine professionellen. So eine Jury wie unsere findet sich in jedem Kinosaal. Der Grafiker und die Lehrerin, die Verwaltungsangestellte und der Metallbauer, der Webentwickler und die Betreuerin, der Betonwerker und die Stoffhändlerin. Ehrlich, aber mitnichten repräsentativ. Es waren je nur ein paar Leute, mehr passten gar nicht hinein, in den kleinen Holzbau auf dem Schulzenhof in Gneven, dem “Mikro-Vorfestival-Kino”, in dem sich ein paar Stühle vor der großen Leinwand drängelten.

Die Sonne lümmelte noch hoch am Himmel, als der erste Kurzfilm im abgedunkelten Raum lief. “Animistic” heißt er und erinnert ein wenig an die Historie des Filmkunstfestes, als der Schwan noch im Mittelpunkt stand, bevor er vom Ochsen überflügelt wurde.
20 Kurzfilme laufen in diesem Jahr im Wettbewerb. Jeweils vor den zehn Spiel- und zehn Dokumentarwettbewerbsfilmen. Das sind doppelt so viele Kurzfilme wie in den Jahren zuvor. Das ist ein Marathon an einem Abend. Und es gab Jahre, da waren die Filme so düster und schwer, dass man froh war, wenn nach dem zehnten die Leinwand endlich dunkel blieb. An diesem Abend war das nicht der Fall. So unterschiedlich, so abwechslungsreich, so vielfältig war das Programm.

In einem schwarzen Animationsfilm wird eine Insel entbaumt (L`ile Noir) und in einem anderen der Sonntag einfach im Bett geblieben ( Sonntag NULL), während die Frau sich nebenan mit dem neuen Schmusi beschäftigt.

In kleinen großartigen Spielfilmen ist der Hauptdarsteller “Auf den Hund gekommen”, verlässt ein Kind seine drogenkranke Mutter (Wo wir sind) oder stehen die “Komparsen” im Vordergrund.

Dokumentarisch wirds, wenn ein Seemann (Süße Seeluft) und ein Fotograf ( Romy, ich bin krank) ihr Leben erzählen. Anständig auf die Ohren gibt es mit Musik ( Virtuos Visuell) und Text (Drei Experten drehen auf). Experimentell wird es im Theater Greiz ( Der große Gammel) und auf dem Fahrrad ( Velo Mysterium). Und total abgefahren geht es im Hochhaus zu (Circuit)...

Kein Film war wie der andere. Eine Mischung, die keine Langeweile aufkommen ließ. Aber ein Porno war nicht dabei und vermisst hat ihn auch niemand.

Wir hatten uns ein Punktsystem ausgedacht, nach jedem Film wurde kollektiv gevotet. Die Ergebnisse waren erstaunlich. Selbst die am besten gevoteten Filme hatten mindestens eine schlechte Wertung auf dem Zettel. Und wenn kollektiv niedrig gestimmt wurde, gab es mindestens einen, der den Film zum Knuspern fand.

Wir haben gerechnet und nachgerechnet und sind einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass sich die Kurzfilme in diesem Wettbewerb auch ohne Hauptfilm lohnen, so knapp waren die Ergebnisse. Weil aber auch ein Millimeter ein Vorsprung ist, gibt es einen Sieger, dem wir hiermit unseren nicht offiziellen, nicht dotierten, dafür um so ehrenvolleren völlig autonomen Publikums verleihen.

And the winner is...

Das wird natürlich erst am Sonnabend, dem Tag der offiziellen Preisverleihung verraten. Aber hier sind die Nominierten für den autonomen Kurzfilm-Publikumspreis. Die bestgevoteten sechs Filme in alphabetischer Reihenfolge:

Auf den Hund gekommen

Circuit

Kann ja noch kommen

Komparsen

L-Liebe

Stiller Löwe

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