Nach Indien geht’s über den Alten Garten

  • Sylvia Kuska
    "The Art of Battling Giants" von Alf Löhr (1 von 5)
  • Sylvia Kuska
    Einblick in die Fotoarbeiten von Thomas Florschuetz
  • Sylvia Kuska
    "Listen Outside This House" von Sudarshan Shetty. Er ist einer der wichtigsten Konzeptkünstler Indiens.
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    Ausschnitt aus "From Here to There and Back Again" von Sudarshan Shetty.
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    Bei den Fotobüchern von Renate Graf ist Anfassen ausdrücklich erlaubt.
Dunkelschwere Raubkunstbilder in noch dunkelschwereren Rahmen – die sind unten im Museum gerade weg. Haben Platz gemacht für kräftige Farben. Zusammen mit Fotos und Skulpturen säumen sie den Weg auf der „Reise nach Indien“. Die Fahrkarte dafür ist die Fantasie.
26.02.2015
Sylvia Kuska

Sie erwarten eine Geschichte? Eine Geschichte, was Sie in den Bildern sehen sollen? Vergessen Sie es! Gut, Alf Löhr drückt sich gewählter aus. Meint im Grunde aber das gleiche. „Sie sind die Geschichte! Sie und das, was Sie in den Bildern sehen!“, sagt der Künstler den Journalisten, als er etwas über seine Werke erzählen soll, die ab Freitag in der neuen Ausstellung „Reise nach Indien“ im Museum hängen.

Natürlich gibt es aber auch zu seinen Bildern eine Geschichte. Seine Geschichte. Gemalt aus den Eindrücken, die er bei seinen Besuchen in Indien aufgesogen hat. Wer vor seinem „Garten des Sultans“ steht, entdeckt den Sultan vielleicht. Vielleicht verfangen sich die Augen aber auch in dem Weiß in der Mitte. Sehen darin das Gesicht eines Wolfes und haben das Gefühl, das Bild müsste um 90 Grad nach rechts gehängt werden. Alf Löhr nimmt diese Sichtweise nicht übel. Kunst liegt schließlich im Auge des Betrachters. Und vielleicht verwandelt sich das Feuerrot und Hellblau ja auf den zweiten Blick plötzlich in tropische Hitze mit Sultan, Tempel und einer Pfütze herrlich kühlenden Wassers. Falls nicht? Dann lässt man das Bild eben einfach auf sich wirken, träumt vielleicht ein bisschen, genießt – und geht weiter. Kunst für Laien. Kunst für Kenner. Kunst für alle.

Sylvia Kuska
Alf Löhr beschäftigen vor allem die Farben Indiens wie die kräftige Kolorierung von Stoffen oder die intensive Farbe von Gewürzen.
Es ist lange her, als im Museum Kunst aus Fernost gezeigt wurde. Um genau zu sein 132 Jahre, rechnet Gerhard Graulich vor. Herzog Johann Albrecht hat sie damals aus Thailand, China und Indien mitgebracht: völkerkundliche Mitbringsel wie Masken, Waffen, Schmuck und Kleider.

Die Idee, den Fernen Osten zeitgenössisch aus Indien nach Schwerin zu holen, schwirre ihm schon länger im Kopf herum, sagt Kurator Graulich. Auch, weil die indische Kunstszene seit den 1990er-Jahren boome, in Deutschland aber bislang weniger bekannt sei.

Und wie nähert man sich Indien von Schwerin aus? Über Europa. Der Kurator kennt Alf Löhr und Thomas Florschuetz. Der eine malt. Der andere fotografiert. Der eine, geboren in Bochum, lebt heute in London. Der andere: gebürtiger Sachse, ist inzwischen in Berlin und Rio de Janeiro zu Hause. Gemeinsam sind ihnen ihre Reisen nach Indien. Und deren Einfluss auf ihre Arbeit. Nun braucht eine indische Ausstellung aber auch indische Künstler. So stoßen Bildhauerin Sakshi Gupta und Konzeptkünstler Sudarshan Shetty dazu. Am Ende ist auch Fotokünstlerin Renate Graf noch dabei. Gemeinsam, so sagt Kuratorin Adina Christine Rösch, machen sie aus den Museumsräumen einen Ort der Begegnung. Europa trifft auf Indien. Indien auf Europa. Videos treffen auf Skulpturen. Gemälde auf Fotografien. Farbgewaltige Bollywoodfantasien auf schwarz-weißen Verfall und herangezoomten Leerstand.

Kunsthistorisch bewandert? Nein, das müsse man nicht zwingend sein, um auf diese „Reise nach Indien“ zu gehen, sagt Alf Löhr. Seine Empfehlung: Springen Sie gedanklich in die Werke hinein. Lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf und nehmen Sie Ihre ganz persönlichen Gedankensouvenirs mit nach Hause. Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht die Reisedaten: Einchecken kann man ab Freitag bis zum 14. Juni im Staatlichen Museum auf dem Alten Garten.

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