Tarzan und der Kulturschutz

Bei Ataraxia fand sie statt: die Diskussion, die seit dem 18. März zwangsläufig war. Seit diesem Tag sind die Sparvorschläge für Schwerin bekannt.
07.05.2014
Matthias Hufmann

Montag, 19 Uhr. Auf dem Podium die Parteien zur Kommunalwahl. Nicht im Saal der einzig wirkliche Gegner: PWC. Alle lehnen die Pläne der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ab. Keine Kürzung bei der Musikschule. Kein Aus für das Freilichtmuseum. Kein Aus für den Speicher. CDU, Linke, SPD, Unabhängige Bürger, Grüne, FDP und - ein bisschen ungeübter - die ASK: Zu hören ist eine große Koalition pro Kulturschutz. Ob die AfD sich anschließt? Die Frage stellt sich nicht. Ihr Kandidat, Dirk Lerche, kommt fast eine halbe Stunde zu spät: „Auf meiner Einladung stand 19.30.“

Anzeige

Die ersten 30 Minuten: Verplempert. Jetzt rächt sich, dass PWC die Streichliste erst Monate zu spät und pünktlich zum Wahlkampfauftakt vorgelegt hat. Bessere Munition gibt es nicht für die Parteien. Die Bösen, das sind die anderen, die Prüfer, der Beratende Beauftragte, der Innenminister, das Land. Nur: „Wenn jetzt alle Nein sagen, wird es schwierig mit der Diskussion“, sagt Moderator Jürgen König vom Deutschlandradio Kultur.

„Ich will es mir nicht so einfach machen“, sagt Stadtpräsident Stephan Nolte (CDU). Vielleicht müssten die Stadtteilbibliotheken tatsächlich schließen. Vielleicht: Das meinen auch Silvio Horn von den Unabhängigen Bürgern und Michael Schmitz von der FDP. Vielleicht ist schon ziemlich konkret für diesen Abend.

Ihr Vorschlag, Ralph Martini? „Wir brauchen so 'ne Art Runden Tisch“, sagt der ASK-Bewerber. „Runde Tische gibt es genug“, antwortet die FDP. „Einer nennt sich Stadtvertretung.“ Schmitz selbst möchte die Strukturen in der Stadtverwaltung verschlanken, um zu sparen. Und die anderen? Die AfD will Gelder umschichten und auf die Sauna im neuen Schwimmbad verzichten, die ASK auf die neue Promenade am Ziegelsee. Beide müssen sich unweigerlich den Vergleich mit den Äpfeln und den Birnen anhören. Horn wiederum fordert Planungssicherheit durch mehrjährige Leistungsverträge für die Kultureinrichtungen. Er fordert aber auch populärere Stücke bei den Schlossfestspielen - und darf gleich den ersten Vorschlag aus dem Publikum entgegennehmen: „Tarzan!“

Cornelia Nagel von den Grünen erinnert daran, EU-Fördermittel auszuschöpfen. Walter Lederer von den Linken will „erhalten, was wir haben.“ Und Eberhard Hoppe möchte den Etat nicht kürzen. „Ich stimme mit meinen Vorrednern überein.“ Etwas vergessen? Ach ja, die Klassiker. Beim Finanzausgleichsgesetz nachbessern. Die Finanzierung des Theaters neu regeln. Das Land verpflichten.

Um 20.38 Uhr meldet sich ein Elternvertreter von Ataraxia und sagt: „Ich habe bislang wenig Konkretes gehört.“ Der Moderator verabschiedet sich, weil er noch seinen Zug erwischen muss. Inzwischen ist eine Fragerunde eröffnet, in der die Fragen immer erst einem mehrminütigen Statement folgen. Kultur soll zur Pflichtaufgabe werden. Sonderabgabe für Besserverdiener. Konzertierte Aktion gegen das Land.

Um 21.01 Uhr stellt Silvio Horn fest: „Die Decke ist zu kurz.“ Man könne nicht Erwartungen wecken, die nicht zu halten sind, sagt Eberhard Hoppe. Um 21.25 Uhr ist Schluss.

Ablehnen konnten die Kandidaten gut.


Hintergrund:

Am Montag stellten sich auf Einladung der Kulturpolitischen Gesellschaft und mit Unterstützung des Aktionsbündnisses Kulturschutz die Kandidaten aller demokratischen Parteien in der Musik- und Kunstschule Ataraxia vor: Walter Lederer (Linke), Stephan Nolte (CDU), Eberhard Hoppe (SPD), Silvio Horn (Unabhängige Bürger), Cornelia Nagel (Bündnis 90/Die Grünen), Michael Schmitz (FDP), Ralph Martini (ASK) und Dirk Lerche (AfD).

Weitere Artikel