Jüdische Gemeinde feiert 20-jähriges Bestehen

  • Hans Dieter Hentschel
    Bild 1 von 7
  • Hans Dieter Hentschel
    Bild 2 von 7
  • Hans Dieter Hentschel
    Bild 3 von 7
  • Hans Dieter Hentschel
    Bild 4 von 7
  • Hans Dieter Hentschel
    Bild 5 von 7
  • Hans Dieter Hentschel
    Bild 6 von 7
  • Hans Dieter Hentschel
    Bild 7 von 7
In Mecklenburg-Vorpommern leben rund 1600 Juden. Mehr als die Hälfte davon in der Schweriner Gemeinde. Am Donnerstag feierte sie ihr 20-jähriges Bestehen. „Erst 20 Jahre?“, mag manch einer verwundert fragen. Erst 20 Jahre. Denn das jüdische Leben war auch in Schwerin nicht immer so selbstverständlich wie heute.
25.04.2014
dieschweriner

Bereits im 15. Jahrhundert wurden Juden aus dem Norden vertrieben. Ein Prozess, der seinen Anfang 1492 unter den Namen „Sternberger Hostienfrevel“ nahm: 27 Juden wurden damals auf dem danach so benannten Judenberg verbrannt. An der Vertreibung der Juden beteiligten sich unter vielen anderen auch die Mecklenburger Herzöge und der Bischof von Schwerin Konrad Loste. Damals mussten alle 247 Juden Mecklenburg verlassen. Ihr Vermögen wurde von den Mecklenburger Herzögen eingezogen und sämtliche Schulden für ungültig erklärt. Die jüdischen Gemeinden außerhalb Mecklenburgs verhängten daraufhin einen Bann über das Land.

Anzeige

Die Geschichte der neuen jüdischen Gemeinde setzte sich erst rund 180 Jahre später fort. Im Jahr 1671 erhielt der jüdische Tabakhändler Levin Saalmann einen herzoglichen Schutzbrief und siedelte sich mit seiner Familie in Schwerin an. 1794 lebten 284 Juden in der Stadt, Anfang des 20. Jahrhunderts um die 300. Im Jahr 1942 endete die 250-jährige Geschichte der jüdischen Gemeinde von Schwerin. Die letzten sieben noch verbliebenen jüdischen Mitbürger wurden am 11. November 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert.

Zu DDR-Zeiten war das jüdische Leben in MV fast zum Erliegen gekommen. Zu einer neuen Blüte erwachte es erst im Frühjahr 1994. Damals beschlossen Juden in Schwerin und Rostock, jeweils eine neue Gemeinde zu gründen. Die meisten von ihnen waren erst kurz vorher aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion nach MV gekommen. „Die Gemeinden fingen bei Null an“, sagt Valeriy Bunimov, Vorsitzender des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern, der ebenfalls vor 20 Jahren gegründet wurde.

In Schwerin hat sich die Gemeinde über viele Jahre im alten Gemeindezentrum mit Betraum am Schlachtermarkt getroffen. 2007 wurde der Wiederaufbau der Synagoge im Innenhof der Schlachterstraße beschlossen. Gebaut wurde dort, wo schon 1773 und 1819 Synagogen errichtet worden waren. Zur Einweihung im Dezember 2008 erhielt die Gemeinde weit mehr als nur ein Gebäude. Sie kehrte damit auch sichtbar ins öffentliche Bewusstsein der Stadt zurück. Vor vier Jahren wurde ein Teil der Schlachterstraße in Samuel-Holdheim-Straße umbenannt. Samuel Holdheim war von 1840 bis 1847 Landesrabbiner von Mecklenburg-Schwerin. Seit 12 Jahren ist William Wolff Landesrabbiner von MV. Seit Januar ist der 87-Jährige auch Ehrenbürger der Stadt.

Inzwischen zählt die Schweriner Gemeinde, der auch die Wismarer Bürger mit jüdischem Glauben angehören, ungefähr 900 Mitglieder. Damit ist sie eine der größten jüdischen Gemeinden in Ostdeutschland.