Die Halbzeit-Bilanz zur Gulag-Ausstellung

Mehr als 2000 Besucher haben sich bislang in der Ausstellung „Gulag. Spuren und Zeugnisse. 1929 – 1956“ über das System der Zwangsarbeits- und Straflager in der Sowjetunion informiert. Hier die Details aus der Halbzeit-Bilanz.
09.09.2014
dieschweriner

Außerordentlich gut besucht waren die zahlreichen Veranstaltungen im Begleitprogramm wie die feierliche Ausstellungseröffnung mit 200 Gästen am 17. Juli im Konzertfoyer des Mecklenburgischen Staatstheaters. Die Vorträge der am Folgetag anschließenden Fachtagung über das „Jahrhundert der Lager“ werden wegen der großen Resonanz demnächst in einem Tagungsband nachzulesen sein.

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Neben Vorträgen, Lesungen und Diskussionen war künstlerischer Höhepunkt das Konzert am 5. September in der Paulskirche. Jascha Nemtsov spielte Klavierstücke, die Vsevolod Zaderatzky unter schwierigen Bedingungen im Gulag komponierte. Schauspielerin Ute Kämpfer las literarische Reflexionen von Anna Achmatowa und Warlam Schalamow über stalinistischen Terror und Lagerhaft im Gulag.

Seit Beginn des Schuljahrs nutzen zahlreiche Schulklassen die kostenlosen Führungen für einen anschaulichen Geschichtsunterricht. Die Schüler erfahren über Einzelschicksale der Häftlinge Mechanismen der Diktatur. Objekte wie ein selbstgenähtes Brotsäckchen, ein zerschlissenes Kleid oder eine metallene Totenmarke dokumentieren den harten Lageralltag. In Filmsequenzen, Grafiken, Fotos und Hörbeispielen werden historische Hintergründe vermittelt.

Im Begleitprogramm folgen weitere Lesungen und Zeitzeugengespräche, so am 11. September 2014 mit dem Journalisten und Autor Sergej Lochthofen. Im Oktober finden vier Filmveranstaltungen sowie eine Fachtagung statt.

Neben vielen Schwerinern und einheimischen Touristen fanden auch Gäste aus Skandinavien, den USA, der Ukraine, aus Australien, Malaysia, Singapur, China, Polen und Großbritannien den Weg in die Exposition. Besuchern ohne Deutschkenntnisse konnten russische oder englische Begleittexte und auch englischsprachige Führungen angeboten werden.

Das Gästebuch gibt einen beredten Einblick in die Betroffenheit einiger Gäste: „Die Ausstellung hat mich sehr aufgewühlt, wurde ich doch wieder mit dem Thema so hautnah konfrontiert.“ Aber auch diejenigen, die zum ersten Mal etwas über die Lager als Instrument stalinistischer Herrschaft erfahren, zeigen sich zutiefst erschüttert und berührt: „Nur wer bereit ist, sich diesen Tatsachen zu stellen, wird begreifen welcher Mut und welche Hoffnung diese Menschen benötigten, dieses Grauen zu überleben. Kämpfen heißt auch, den Glauben an die Menschlichkeit nie zu verlieren.“

Die seit Mitte Juli von der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen präsentierte Ausstellung wird noch bis 24. Oktober täglich von 10 bis 18 im Schweriner Marstall gezeigt.

Lesen Sie am Mittwoch: Ein Kapitel aus „Schwarzes Eis“ von Sergej Lochthofen.