
23. Oktober 1989, 17 Uhr, Treffpunkt Alter Garten
Was vor 25 Jahren geschah? Martin Klähn hatte von einem Treffen Oppositioneller am 9./10. September 1989 in Grünheide bei Berlin den Gründungsaufruf „Aufbruch 89“ des Neuen Forums nach Schwerin mitgebracht und begann Unterschriften von Unterstützern zu sammeln. Mit einem Schreiben vom 18. September 1989 meldeten er und Uta Loheit die Vereinigung beim Rat des Bezirkes Schwerin an.
Am 2. Oktober 1989 fand in der Schweriner Paulskirche die erste öffentliche Veranstaltung des Neuen Forums in der DDR statt. Das ursprünglich als Versammlungsort vorgesehene Gemeindehaus in der Bäckerstraße erwies sich für die etwa 1000 Sympathisanten zu klein. Der Umzug zur 700 Meter entfernten Paulskirche wurde von vielen Teilnehmern als erste Schweriner Demonstration wahrgenommen. Interessierte stellten auf dieser Veranstaltung ihre Wohnungen für Treffen thematischer Arbeitsgruppen zur Verfügung. In den darauffolgenden Tagen fanden allein in Schwerin knapp 20 Arbeitsgruppen mit mehreren hundert Teilnehmern zusammen. Eine zweite Veranstaltung in der Paulskirche am 6. Oktober 1989 wurde durch den „politisch offensiven Einsatz“ von über 200 Genossen massiv gestört.
Der Koordinierungskreis des Neuen Forums legte seinen Schwerpunkt auf die inhaltliche Arbeit, um eine Reformierung der Gesellschaft zu erreichen. Arbeiter des Plastmaschinenwerks forderten eine Demo in Schwerin, die für den 23. Oktober 1989, 17 Uhr am Treffpunkt Alter Garten vorbereitet wurde.
Auf Anweisung von ganz oben aus Berlin riskierte die SED-Bezirksleitung eine Eskalation. Für den gleichen Tag am gleichen Ort wurde eine Kundgebung des Demokratischen Blocks angesetzt und aus dem ganzen Bezirk vermeintlich linientreue Genossen mit Bussen herangefahren. Etliche schlossen sich der Demonstration des Neuen Forums an, die über die Werderstraße, Amt- und Kirchenstraße einmal rund um den Pfaffenteich zurück zum Alten Garten zog.
„Trotz der Provokation durch die SED und des massiven Aufgebots an bewaffneten Kräften blieb es in Schwerin friedlich. Etwa 30.000 bis 40.000 Menschen fassten Mut und traten an diesem Abend mit Kerzen in der Hand für Demokratie und Freiheit ein“, erinnerte die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Anne Drescher.
Und am Donnerstag? An die Tage des Aufbruchs erinnern Martin Klähn, Schüler der Brechtschule mit einem Filmprojekt, Zeitzeugen in einem Podiumsgespräch sowie die Lesung von Stasi-Lageberichten. Veranstalter sind die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, die Landeszentrale für politische Bildung, die Außenstelle Schwerin des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, die Dom- sowie die Paulsgemeinde Schwerin und das Neue Forum Schwerin.
Das Programm
16.30 St. Paulskirche
Friedensgebet / Orgelmusik / Lesung aus den Lageberichten des MfS vom Herbst 1989, Teil I
17.30 Pfaffenteich Südufer
Lesung Lageberichte, Teil II
Diskussionsrunde / Zeitzeugengespräch
18.30 Dom
Schüler-Filmprojekt / Festrede / Orgelmusik
Am Donnerstag in unserem Magazin
25 Jahre danach: Die Bilder der Montagsdemo
Herbststurm: Der Artikel von Hans-Dieter Hentschel vom November 1989 (erschienen in der Wuppertaler Rundschau)