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SSC schmettert Favoriten aus dem Europapokal
„Wahnsinn, warum schickst du mich in die Hölle?“, tönt Wolfgang Petry aus dem Lautsprecher. „Hölle, Hölle, Hölle“, hallt es aus dem Publikum. Treffender ließe sich in diesem Moment wohl kaum beschreiben, was die italienischen Volleyballerinnen gerade in der Arena durchmachen. Vor einer halben Stunde sah es noch ganz so aus, als macht Igor Gorgonzola Novara sein Versprechen an die Fans zu Hause wahr und kehrt mit der Qualifikation fürs Halbfinale zurück. Und nun? Nun sind wir in Satz vier – und alles sieht ganz anders aus. Die Tafel zeigt 14:6. Für Schwerin! Gewinnt der SSC diesen Satz, ist Italiens Tabellenführer raus aus dem Challenge Cup.
Bamm. Bamm. Bamm. Bamm. Die Trommeln im Fanblock betäuben die Ohren, treiben den Puls über 100. Hände und Klatschpappen peitschen die Spielerinnen an. Geht der Punkt an Schwerin sowieso. Geht er an die Italiener erst recht. 21:16. 23:19. Die Halle steht, skandiert: SSC! SSC! SSC! Mit starrer Miene steht Lucioano Pedullàs am Spielfeldrand. Die Hände in die Hüften gestemmt sieht der italienische Trainer kopfschüttelnd zu, wie Schwerin einen Punkt nach dem anderen holt – und um 20.55 Uhr mit 25 zu 20 Punkten die Sensation perfekt macht. Halbfinale!!!
Rund anderthalb Stunden zurück hätte wohl kaum jemand einen Pfifferling darauf gegeben. Auch Trainer Felix Koslowski nicht: „Wer 0:2 gegen die Italienerinnen zurückliegt und glaubt, noch 3:2 zu gewinnen, der muss sehr viel Selbstvertrauen haben“ - und erst einmal selbst durch die „Hölle, Hölle, Hölle“ gehen: Satz 1 geht lange hin und her. Viele Ballwechsel. Eine starke Abwehr auf beiden Seiten. Am Ende ein knappes 23:25 für die Italiener.
Satz 2 gibt Schwerin deutlich – wenn auch nicht weniger kämpferisch - aus der Hand. Ergebnis: 15:25. Holen sich die Italiener auch den dritten Satz, geht's ins Golden Set.
Satz 3 lässt zu Beginn Schlimmes befürchten. Ehe sich die Schweriner versehen, liegen sie mit drei Punkten zurück. Kämpft, Mädels, kämpft! "Jaaaaaaaaa!", schreien 1800 Kehlen: Schwerin punktet sich aus dem Zwischentief. Ausgleich. Vorsprung. Rückstand. Ausgleich. Vorsprung. Rückstand. Mal für die einen, dann für die anderen. Am Ende weiß Schwerin aber die kleinen Möglichkeiten für sich zu nutzen. Die Arena bebt, als der 25. Punkt für Schwerin den Satz beendet. Das gibt Selbstvertrauen – und schickt die Favoriten in die „Hölle, Hölle, Hölle“.
Schwerin reichen diese beiden gewonnenen Sätze, um sicher im Halbfinale zu stehen. Weil ein Volleyballspiel aber nicht 2:2 enden kann, muss es nach dem Jubel noch einen Satz weitergehen. Noch einmal „Hölle, Hölle, Hölle“ für die erfolgsverwöhnten Gäste: Aller guten Dinge sind an diesem Abend drei für Schwerin.
Wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn Italiens beste Volleyballerin Kimberly Hill nicht krank geworden wäre? Das ist Spekulation. Auch ohne sie habe man die Gäste aber keinen Moment lang unterschätzt, sagt Felix Koslowski. Dann ist auch genug über das Spiel gesagt und Zeit, zu feiern. „Aber nur ein bisschen.“ Bei aller Euphorie ruft er seine Mädels am Mittwoch gleich wieder zur Pflicht, denn am Sonnabend startet der SSC gegen Aachen in die Playoffs.