Zum Dank gab es einen Picasso

  • Sylvia Kuska
    Pablo Picasso, ohne Titel, Faserstift auf Velinpapier, 27.10.1964 (Bild 1 von 9)
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    Eddy Novarro mit seiner Frau Nana. Nach ihrem Tod heiratete er noch einmal.
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    Ausschnitt aus: Arthur Luiz Piza, ohne Titel, Assemblage auf Vergépapier, 1978
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    Ausschnitt aus: Roy Lichtenstein, ohne Titel, ohne Jahr, Öl auf Leinwand
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    Eddy Novarros Aufnahme von Pablo Picasso als Indianer
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    Ausschnitt aus: Rudolf Hausner, ohne Titel, Collage, Gouache, Foto und Grafit auf Velinpapier, 28.7.1979
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    Marc Chagall, ohne Titel, Ölkreide, Aquarell, Pastell und Tinte, 1977
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    Ausschnitt aus: Hans Hartung, ohne Titel, Wachskreide und Kratztechnik, 31.12.1962
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    Ausschnitt aus: Eduardo Paolozzi, ohne Titel, Grafit auf Velinpapier, 1977
Eddy Novarro. Gerade einmal neun Treffer spuckt Google auf den Bildschirm. Bekannt, nein, das ist der Mann nicht. Eine eigene Ausstellung im Museum bekommt er trotzdem. Auch deshalb, weil sich Picasso einst vor ihm zum Indianer machte.
09.07.2015
Sylvia Kuska

Porträt gegen Kunstwerk. Eddy Novarro hatte seine Prinzipien. Oder ein Ritual. Auch bei einem Pablo Picasso. Zweimal fotografiert er den berühmten Maler. Halb angezogen mit einer Zigarette im Mund, dann mit Indianerfedern auf dem Kopf. Im Gegenzug erhält Novarro vier Zeichnungen. Marc Chagall. Joan Miró. Roy Lichtenstein. Salvador Dalí. Hannah Höch. René Magritte. Marcel Duchamp. Und viele andere zieren sich ebenfalls nicht.

So bekannt seine Fotomotive, so geheimnisvoll bleibt der Mann, der mit seiner Kamera in extremer Nahaufnahme jede Pore von ihnen einfangen durfte. Geboren sein soll er zwischen 1925 und 1930. In Bukarest, Rumänien. Als junger Mann wanderte er nach Brasilien aus. Schon als Kind soll Kunst ihn magisch angezogen haben. Er wird Pressefotograf. 1958 schickt der brasilianische Präsident ihn zur Expo nach Brüssel, um den Pavillon des Landes zu fotografieren. Hier lernt Eddy Novarra den belgischen Maler René Margritte kennen. Und alles nimmt seinen künstlerischen Lauf.
Später kommt er nach Europa zurück, lebt zeitweise in Deutschland. An einem Autobahnkreuz Richtung Hamburg wartet die Liebe. Nana. Erst fährt er vorbei. Dann kehrt er um, nimmt die Anhalterin mit. Sie wird seine Muse. Mit ihrer „kommunikativen Art“ soll sie so manchen Künstler um den Finger gewickelt haben, sagt Museumsdirektor Dirk Blübaum. Und mit ihrer klassischen Schönheit.

Novarros Sammlung wächst, Porträt für Porträt. Zu einer Sammlung von Zeichnungen, Gemälden und Skulpturen. Von großen Namen und von in Vergessenheit geratenen Künstlern. Von Klassischer Moderne, abstraktem Expressionismus und Pop Art. Von den 1950er bis zu den 1970er Jahren. „Novarro sammelte Künstler, keine Kunstwerke. Was er von ihnen bekam, wusste er vorher nicht“, sagt der Museumsdirektor. An der Museumswand hängt auch eine gepresste Getränkedose. Das meiste hat keinen Titel, dafür oft eine persönliche Widmung.

Sylvia Kuska
Blick in das Carnet d'Or: Joan Miró, ohne Titel, Tinte und Pastellkreide auf Velinpapier, 16.12.1964
Die beiden Herzstücke der Sammlung bedecken vier Männer gerade mit einer Glashaube: zwei rot-braune Wälzer. Titel: Carnet d'Or – Goldenes Buch. In dem einen ließ er fertige Werke binden. In dem anderen Blanko-Seiten, die Novarro den Künstlern zur Gestaltung vorlegte. „Sie sind so etwas wie ein Freundschaftsbuch zwischen Fotograf und Künstler“, sagt Kuratorin Katharina Uhl. Weil man die kostbaren „Poesiealben“ des 2003 verstorbenen Fotokünstlers nicht berühren darf, blättern in zwei Videofilmen weiße Handschuhe Seite für Seite um.

Die Sommerausstellung 2015 ist einzig der Sammelleidenschaft des Top-Managers Gerhard Cromme zu verdanken. Seine private Novarro-Sammlung umfasst 240 Arbeiten von 120 Künstlern. An den Museumswänden ist Platz für 80 Werke und 35 Fotografien von Picasso bis Andy Warhol. Zusammen sind sie das „Kaleidoskop der Moderne“.

Service
Die Ausstellung "Kaleidoskop der Moderne Chagall, Miró, Picasso und die Avantgarde" im Staatlichen Museum wird heute, 19 Uhr eröffnet und bleibt bis zum 18. Oktober. Öffnungszeiten: Dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr.

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