Blöd gelaufen für Udo Pastörs

  • dieschweriner
    Udo Pastörs
Er will Stimmung machen gegen Asylbewerber und Flüchtlinge, wird aber ausgepfiffen. Und als er sich noch einmal zu Wort meldet, stehen 40 bis 50 Zuhörer auf und gehen einfach raus. Die Infoveranstaltung zur Erstaufnahmestelle in Stern Buchholz - ein Ortstermin.
08.04.2015
Matthias Hufmann

Dienstag, 17 Uhr in der Turnhalle der ehemaligen Blücher-Kaserne. 250 Leute sind gekommen. Vorn auf dem Podium: Erwin Sellering, Lorenz Caffier, Angelika Gramkow. Sie teilen mit, was seit langem bekannt ist. Gleich nebenan werden zwei Wohnblöcke umgebaut. Im Juni sollen hier 300 Asylbewerber und Flüchtlinge untergebracht werden, weitere 150 werden folgen.

Vier Monate haben sie gebraucht, um die Anwohner darüber zu informieren. Weshalb die Verspätung? „Es musste erst alles geklärt werden“, sagt der Innenminister - und lässt zugleich verkünden, dass zwei Ausschreibungen noch laufen würden. Das betreffe u.a. die Bewachung des eingezäunten Geländes, so Horst Menze vom Amt für innere Verwaltung.

Das Publikum - skeptisch. Die Redner am Mikro sind in der Halle kaum zu verstehen, auf einer der beiden Leinwände mit Grafiken ist zeitweise nichts zu erkennen. „Hochkarätige Besetzung, aber schlechte Technik“, sagt ein Mann. Zu verstehen sind die Oberbürgermeisterin, die für eine weltoffene Stadt wirbt, ein Ministerpräsident, der „die Aufgabe gemeinsam lösen“ möchte, und Caffier, der das genauso sieht. Dazu dieser Vortrag. Die Zimmer in der Erstaufnahmestelle seien karg ausgestattet. Asylbewerber würden 3 Mahlzeiten am Tag und 140 Euro im Monat erhalten, mit Putzen oder Schneeschieben könnten sie sich ein Taschengeld dazuverdienen.

Es ist ein Vortrag gegen die Vorurteile von Mvgida. Und gegen den Hass der NPD. Udo Pastörs lässt sich trotzdem nicht abhalten. Das hier ist seine Chance. Überrumpelte Anwohner, ein paar platzierte Klatscher aus den eigenen Reihen, Ressentiments schüren - das sollte klappen. Punkten für die schwächelnde Partei.

Der NPD-Fraktionsvorsitzende wartet die ersten Fragen der Zuhörer ab (Wo hält der Bus? Ist ein Arzt vor Ort? Was wird für Kinder getan?), stellt sich wirksam zwischen die Sitzreihen, meldet sich und versucht es mit sinkenden Grundstückswerten und steigender Kriminalität. Vier Minuten begleitet von Pfiffen und Buhrufen. Der Applaus ist spärlich. „Schämen Sie sich“, bekommt Pastörs von einem aufgebrachten Mann zu hören. „Danke", sagt im Vorbeigehen der Anmelder der Schweriner Mvgida-Demo. Torsten S. läuft den ganzen Abend mit der Kamera umher und fotografiert jeden, der etwas sagen möchte.

„Wer schützt uns vor rechter Gewalt?“, will eine Frau wissen. Als Pastörs wenig später noch einmal zum Mikrofon greift, stehen viele Gäste demonstrativ auf und verlassen die Halle. Es ist inzwischen 18.30 Uhr. Von den 15 Wortmeldungen stammen nur wenige von Anwohnern. Soll die Veranstaltung tatsächlich enden, ohne dass über deren Ängste und Sorgen gesprochen worden ist?

Der Abend geht in die Verlängerung, allerdings nur für die Anwohner. Wer nicht in Stern Buchholz lebt, muss bitte raus, sagt Gramkow. 50 sind noch da und können Fragen stellen. Für Sellering ist das jetzt Bürgersprechstunde in XL. Vereinbart wird, dass zwei, drei Sprecher im regelmäßigen Kontakt mit dem Innenministerium bleiben, „dass man jetzt nach vorn schauen müsse“, dass es einen Tag der offenen Tür geben soll.

Und die ganz Enttäuschten können ihn immer noch anrufen, so Sellering. Übers Handy? „Nee“, sagt der Ministerpräsident. „In der Staatskanzlei.“

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