Bloß weg! Schnell weg!

Wie nennt man das, wenn eine Staatsanwaltschaft erst zustimmt, dass ein Asylbewerber abgeholt und ins Ungewisse geschickt wird, dann streut, dass der Überfall im Dezember auf eben diesen Ghanaer vermutlich gar nicht stattfand, dann die Ermittlungen einstellt, um gleichzeitig neue gegen den inzwischen ausgereisten 20-Jährigen anzukündigen, und zwar wegen des Vortäuschens einer Straftat?
30.01.2015
Matthias Hufmann

Am Freitag hat die Staatsanwaltschaft Schwerin die Nachricht per Mail verschickt: Sechs Wochen nach dem vermeintlich rassistisch motivierten Angriff auf den Asylbewerber seien die Ermittlungen eingestellt worden. Es bestehe „der hinreichende Verdacht“, dass der junge Mann den Überfall erfunden hat, um der Abschiebung zu entgehen. Gegen ihn werde jetzt ermittelt.

Was gegen den 20-Jährigen spricht: Er hatte in der Nacht auf den 21. Dezember nicht, wie behauptet, den Notruf der Polizei gewählt, sondern länger mit einer Frau gesprochen. Zudem passten die geschilderten Gewalteinwirkungen nicht zum rechtsmedizinisch festgestellten Verletzungsbild, so die Staatsanwaltschaft.

Das Ergebnis kam nicht überraschend. Bereits drei Tage nach der Ausweisung des Ghanaers hatte der Sprecher der Schweriner Staatsanwaltschaft, Stefan Urbanek, der SVZ gesagt: „Nach den bisherigen Ermittlungen schließen wir die Möglichkeit nicht aus, dass der Überfall nicht so stattfand, wie der Betroffene ihn schilderte.“ Auch aus Polizeikreisen - laute Zweifel.

Wussten die Behörden das am 20. Januar noch nicht? Oder wollten sie abwarten, bis der junge Mann in Italien war? In einem Land, wo „Flüchtlinge oft obdachlos und ohne staatliche Hilfe sich selbst überlassen werden“, wie Marei Pelzer von Pro Asyl sagt. Und die somit auch nur schwer zu erreichen sind.

Die Ermittlungen hier wollte man offensichtlich nicht abwarten, der 20-Jährige war schon einmal einer Ausweisung durch Flucht entgangen. In der vergangenen Woche holten sie ihn ab. Morgens um 5. Drei Polizisten und ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde. Und mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft.

Wie man das nennt? Bloß weg! Schnell weg!

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