Die Abnicker aus dem Bundestag
Dietrich Monstadt aus Schwerin, Matthias Lietz, Eckhardt Rehberg, Karin Strenz, (ja, auch) Kanzlerin Angela Merkel: Alle aus MV, alle CDU, alle sind direkt gewählte Abgeordnete, keine Listenkandidaten. Was sie noch gemeinsam haben: Nicht einer von ihnen hat seit der Wahl 2013 bei namentlichen Abstimmungen im Bundestag gegen die Fraktionslinie gestimmt.* Peter Stein aus Rostock darf sich da schon wie ein kleiner Rebell fühlen. Am 27. Juni 2014 lehnte er den Gesetzentwurf zur Einführung einer Länderöffnungsklausel ab. Seine Quote: 1 zu 124. Immer noch eine Harmonie-Quote.
Und die gilt auch für Dietmar Bartsch, Heidrun Bluhm und Kerstin Kassner von den Linken. Zusammen stimmten sie 329 Mal namentlich ab. Immer auf Fraktionskurs (was wenigstens Fraktionschef Bartsch freuen dürfte).
Die SPD-Abgeordneten sind dagegen fast schon notorische Abweichler. Frank Junge: zwei Mal. Jeannine Pflugradt: sechs Mal. Sonja Steffen: acht Mal. Die Stralsunderin stimmte u.a. gegen den Bundeswehreinsatz in Syrien und enthielt sich mehrfach, allein drei Mal am 2. Juli 2015 bei Änderungsanträgen der Grünen.
Steffen teilt sich den Jein-Spitzenplatz des Landes mit Harald Terpe. Bei fünf Abstimmungen ist der Grüne von der Fraktionslinie abgewichen, indem er sich enthielt.
Manchmal Jein, selten Nein, am Ende bleibt: Die Abgeordneten aus MV folgen fast alle gehorsam ihren Fraktionen.** Dass es auch anders geht, beweist Marco Bülow, ein Sozialdemokrat aus Dortmund. Seit 2013 hat er 42 Mal den SPD-Kurs ignoriert.
Bülow hat mal ein Buch geschrieben. Es heißt: „Wir Abnicker. Über Macht und Ohnmacht der Volksvertreter“.
* Die Auswertung beruht auf Recherchen der Zeitung „Die Welt“. Grundlage sind die Listen mit den namentlichen Abstimmungen im Bundestag seit der Wahl 2013. Stimmten mindestens zwei Drittel der beteiligten Abgeordneten einer Fraktion für Ja, Nein oder Enthaltung, so wurde dies als Fraktionslinie gewertet.
** 2015 stimmten alle Bundestagsabgeordneten bei 56 namentlichen Abstimmungen insgesamt 660 Mal gegen die Vorgaben ihrer Fraktionen - und somit häufiger als in den Jahren zuvor.
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