mvgida.de - da ist nicht drin, was draufsteht

  • Gruppe "Stefan Müller"
Nimm nichts von Fremden an. Hätten die Mvgida-Leute das auf ihrer Demo beherzigt, wären sie nicht auf „Stefan Müller“ hereingefallen. Unsere Lieblings-Politik-Geschichte des Jahres.
28.12.2015
Matthias Hufmann

So aber trugen sie an einem Montag im Januar zehn Schilder weithin sichtbar durch Schwerin, darauf gedruckt: mvgida.de. Was das für sie war? Vermeintlich beste Werbung für die Internetseite des Pegida-Ablegers in Mecklenburg-Vorpommern.

Nur: Die Adresse ist ein Fake. Auf mvgida.de steht: „Ungeliebte Pegida-Anhänger! Informiert euch richtig und gackert nicht alles nach!“ Dazu gibt es Infos, wie man aus der Neonazi-Szene aussteigt, wie man eine Demo ohne Hilfe von Rechtsextremen anmeldet und wie man mit Volksvertretern in Kontakt treten kann, inklusive Link zu Abgeordnetenwatch.

„Die Aktion sollte kreativ und keinesfalls populistisch sein“, sagt „Stefan Müller“. „Jedenfalls mit einem Augenzwinkern.“ Hinter dem Initiator steckt – eine Gruppe von Schweriner Freunden. Sie möchten anonym bleiben. Nach dem ersten Aufmarsch vor zwei Wochen hatten sie beschlossen, etwas gegen Mvgida zu tun. In der Kneipe, ganz klassisch.

Sie sicherten die Domain, die noch frei war, weil sich patriotische Europäer offenbar lieber über Facebook austauschen. Sie mussten die Texte schreiben. Und für die Website zwei Fassungen anlegen. Eine für die Zeit bis 19.30 Uhr, damit die Seite zum Start einer Überprüfung von Mvgida-Leuten standhalten konnte. Und eine für die Zeit danach. Mit dem Aufruf zur Umkehr.

Und die Schilder? Die wurden in Heimarbeit zusammengenagelt. Eine Druckerei sorgte für Schriftzüge und Aufkleber. Beides in Landesfarben. „Wir dachten uns: Darauf stehen die bestimmt“, sagt einer aus der Gruppe.

Und so war es dann auch. Deutschlandfahnen, Plakate in Schwarz-Rot-Gold, Flaggen von Mecklenburg-Vorpommern – und mittendrin: mvgida.de. „Das Verteilen ging leichter als vermutet. Die Schilder wurden uns in kürzester Zeit abgenommen. Ebenso die Aufkleber.“ Auf der Demo seien sie wie Sympathisanten empfangen worden. „Gefragt wurden wir nur, wo sie die Schilder wieder abgeben sollen.“

Mvgida hat die Nummer inzwischen durchschaut. „Wir waren schon etwas verwundert“, heißt es auf Facebook. Die Organisatoren wollen jetzt die Pegida über das Erstellen der Seite und den Diebstahl des Namens Gida informieren. Der sei ja rechtlich geschützt.

Auf mvgida.de waren bis Dienstagmittag mehr als 3500 Besucher. Jede Stunde kamen mehrere hundert hinzu. Bundesweit wurde geklickt, getwittert, gepostet.

Und was sagen die Schweriner Freunde? „Die Schilder im Demozug zu sehen, das war toll und sorgte für das eine oder andere großartige Bild.“ Dokumentiert auf mvgida.de. Selbstverständlich.

Mvgida selbst wird jetzt vermutlich noch mehr gegen Fremde sein. Sogar gegen solche aus dem eigenen Land.

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