
Ein Haus vor der Tür
Das ist so breit wie ein großer Esstisch. Wie seine Mieter mit Fahrrädern und Kinderwagen problemlos rein- und rauskommen sollen, ist Hausbesitzer Wahls ein Rätsel. Wie er lange Rohre für Kunden aus Haus herausbugsieren soll, auch.
Und dann ist da noch ein Verdacht: Das sind gar keine zwei Meter Abstand. Andreas Wahls wartet und repariert Heizungen und Sanitäranlagen, hat ein Auge für Maße. Das Maßband bestätigt: Es sind etliche Zentimeter weniger.
Wir haken bei den Verkehrsplanern der Stadt nach. Sie wiegeln erst ab, messen dann aber doch noch einmal nach. Und siehe da: Die Bodenplatte wurde falsch verlegt, 20 Zentimeter zu dicht ans Haus. Um diese wird sie nun versetzt. Auf 2,02 Meter. Keinen Zentimeter weiter. Bauplan ist Bauplan.
Andreas Wahls helfen die 20 Zentimeter wenig. Eng bleibt eng. Dessen sind sich auch die Verkehrsplaner bewusst: „Nach Auffassung der Verkehrsbehörde ist die Anordnung der Haltestelle sicherlich nicht ganz unproblematisch. Aber dennoch zumutbar“, teilt uns die Pressestelle mit.
Andreas Wahls hat sich beim Planungsbüro beschwert. Bringen wird das nichts. Es hätte sogar noch weniger Platz sein dürfen: 1,80 Meter wäre das Mindestmaß gewesen. So steht es in der Richtlinie für die Anlage von Straßen.
Bevor die Wittenburger Straße eine Großbaustelle wurde, hielten die Buslinien 12 und 14 in Richtung Obotritenring an der Haltestelle Lortzingstraße auch schon vor dem Haus. Es gab aber nur ein Haltestellenschild, keinen Unterstand. Jahrelang. „Warum kann nicht alles so bleiben wie vorher?“, fragt Andreas Wahls.
Ob ein Fahrgastunterstand – so der offizielle Name für Wartehäuschen – errichtet wird, hänge von der Anzahl der einsteigenden Fahrgäste ab, sagt Nahverkehrsgeschäftsführer Norbert Klatt. Neue Straße, neuer Fußweg, die Gelegenheit war günstig.
Und warum ausgerechnet vor der Haustür? Die Verkehrsplaner hätten angeboten, den Unterstand geringfügig zu verschieben, argumentiert die Verwaltung. Das habe der Hauseigentümer abgelehnt. „Wollen Sie ein Bushäuschen vor dem Wohnzimmerfenster haben?“, kontert Andreas Wahls.
Mehr Spielraum gab es aus Sicht der Planer nicht. Um die zwei Meter Durchgangsbreite zu gewährleisten, komme der Unterstand sehr nahe an die Bordsteinkante, sagt Norbert Klatt. „Deshalb musste er so platziert werden, dass er sich bei einem haltenden Bus nicht vor einer der Bustüren befindet.“ Andernfalls hätten Fahrgäste mit Rollstühlen nicht ein- oder aussteigen können.
Der jetzige Standort sei bereits ein Kompromiss, betont die Verwaltung. Ausgehandelt vom Amt für Verkehrsmanagement, dem Nahverkehr und dem Planungsbüro. Die betroffenen Anwohner wurden nicht angehört. Sie haben erst von dem Wartehäuschen erfahren, als ihnen der Stein des Anstoßes vor die Tür gelegt wurde.