Heiliger Bimbam!

  • Sylvia Kuska
    Die Glocken wurden in einer Gießerei in Karlsruhe gegossen (Bild 1 von 5).
  • Sylvia Kuska
    Küster Lothar Dornau
  • Sylvia Kuska
    Die größere der beiden Glocken wiegt 1,2 Tonnen, die kleinere 0,7 Tonnen.
  • C&K-PHOTO
    Ingrid Pinzke macht den ersten Glockenschlag.
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    Auch in ein paar hundert Jahren wird nicht zu übersehen sein, wer die Bronzeglocken gestiftet hat.
Schon länger hörte man es läuten: Die Schelfkirche bekommt zwei neue Glocken. Jetzt sind sie da. In ein paar Tagen hängen die beiden neuen neben einer 500 Jahre alten.
04.06.2015
Sylvia Kuska

So viel Aufriss für zwei Glocken? Viel Zeit zum Wundern bleibt dem Mann von der Spedition nicht. Der Traktor mit den Gabelarmen wartet darauf, dass es auf dem Laster weiter geht. Hubwagen unter die Palette. Pumpen, pumpen, pumpen. Ab bis zur Verladerampe. Dann greifen die Gabelarme zu. Die neugierige Traube drumherum speichert Schritt um Tritt in Handy und Kamera. Für den Mann von der Spedition sind es nur zwei Glocken. Für die Traube aus der Schelfgemeinde sind sie ein Ereignis. Neue Glocken gibt es schließlich nicht alle Tage. Die älteste in der Schelfkirche ist 498 Jahre alt und hing schon im Vorgängerbau. Die beiden neuen begrüßt sie zur Feier der Ankunft mit extra langem Bimbam. 

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Lothar Dornau schüttelt an diesem Vormittag viele Hände. Weil er Geburtstag hat. Und weil er als Küster quasi der Herr über die neuen Glocken ist. Die Hände wünschen zu beidem alles Gute und wandern weiter zu Günter Pinzke. Ohne ihn und seine Frau Ingrid wäre es für die Gemeinde ein gewöhnlicher Donnerstag und für Küster Dornau ein normaler Geburtstag. Im Gemeindebrief stand im Herbst, dass zwei der drei Glocken am Ende ihrer Lebensdauer sind. Der Pastor bat um Spenden. Bei einer Glockenbegehung sehen die Pinzkes den Rost im Eisen und die Risse in den Tragbalken und treffen spontan eine Entscheidung. Zuerst wollen sie eine Glocke spenden. "Zu Hause haben wir Kassensturz gemacht", sagt Günter Pinzke. Dann stiften sie beide. „Das war uns eine Herzensangelegenheit.“ An die große Glocke hängen, wollen sie das aber nicht.

Lieber sprechen sie darüber, dass es um die Glocken in der Schelfkirche in der Vergangenheit nie so richtig gut bestellt war. "Früher hingen hier schon einmal drei Bronzeglocken." Aus ihnen machte die Rüstungsindustrie im ersten Weltkrieg Patronen und Kanonen. 1926 kamen zwei neue Glocken. 14 Jahre später ereilte sie das gleiche Schicksal wie ihre Vorgänger. „Nur die Nikolaiglocke hat beide Kriege überlebt. Sie war die kleinste“, sagt Günter Pinzke. 1959 schaffte die Gemeinde wieder zwei neue an. Das Geld reichte aber nur für Eisen. "Eisenglocken halten jedoch nicht so lange", sagt Küster Dornau. Deshalb jetzt die Entscheidung für Bronze. Sie sollen auch in 200 Jahren noch schlagen. Mindestens.

Die Gabelarme haben beide Glocken auf dem Boden abgesetzt. Der Mann von der Spedition pumpt noch einmal den Hubwagen und schiebt die Paletten in den Torbogen vom Pfarrhaus. Die neugierige Traube folgt, streicht Hand um Hand über das Metall. Der Mann von der Spedition wundert sich noch einmal. Dann fährt er davon. Die Schelfgemeinde feiert bei Kaffee und Kuchen noch ein bisschen weiter. Geburtstag und die neuen Glocken.