Na dann Prost-Promenade

  • dieschweriner
Straßennamen sind nie Schall und Rauch. Schall und Schwencke aber schon. Jedenfalls in Schwerin.
22.04.2014
Angemerkt von Roland Regge-Schulz

Häuser stehen ja nicht einfach so herum. In der Regel stehen sie an einer Straße, einem Platz oder wenigstens einem Weg. Und wenn neue Häuser gebaut werden, gibt es auch neue Straßen, Plätze, Wege. Und weil wir hier in Deutschland sind, muss alles seinen Namen haben. Jede Straße, jeder Platz, jeder Weg.
Früher war das einfach. Die Straße durchs Dorf wurde Dorfstraße genannt. Die Straße nach Gadebusch: Gadebuscher Straße. Und wer berühmt war, der durfte schon mal dem einen Platz oder der anderen Straße seinen Namen geben. Quasi zum Andenken für die Ewigkeit. Obwohl Ewigkeit dabei ein dehnbarer Begriff ist und von den jeweiligen Verhältnissen abhängt. So ist inzwischen in Schwerin Lenin seinen Platz los und seine Allee führt jetzt irgendwie nach Hamburg.
Das ist ein Problem. Irgendwann gibt es mehr Straßen als Orte in der Nähe. Da wird ein bisschen tiefer in die Findungskiste gelangt. So führt die Schweriner Cottbuser-Straße mitnichten nach Cottbus. Allerdings kann man, wenn man in der Straße losfährt, auch nach Cottbus gelangen.

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Aber nicht jede Amtsstube macht solchen Unfug. In manchen ist Unverfänglichkeit Trumpf. Die  bedienen sich einfach in der Natur. Da gibt es zum Beispiel in Leezen ein Vogelviertel mit Adlerstraße, Bussardweg und Meisenring. Und es gibt ein Blumenviertel mit Rosenweg und Nelkengasse. Ist gut so, aber irgendwie auch total langweilig.
Eine andere Variante ist die Namensgebung nach der Geschichte. Also die Antwort auf die Frage: Was war hier einmal? Das so etwas auch in die Hose gehen kann, wissen die Einwohner von Gneven, die  ihre Häuser “Am Hang” gebaut haben und plötzlich “Habern Koppel” buchstabieren mussten.

So, das war jetzt gedanklich ein weiter Weg bis in den Hauptausschuss. Der hat heute über zwei Straßennamen auf dem Gelände der alten Brauerei entschieden. Dort entstehen gerade aus vorhandener Bebauung Wohnungen und Praxen. Und der Bauherr hat vorgeschlagen, sich bei der Namensgebung der Straßen an der früheren Nutzung zu orientieren: Zum einen Holzhof, weil da früher, Überraschung, ein Holzhof war.
Und zum anderen: Schall-und-Schwencke-Promenade.
Wir erinnern uns. Schall und Schwencke, alte Schweriner Privatbrauerei, später verstaatlicht. Kann man machen, klingt aber irgendwie nach Coca-Cola-Allee. Irgendwie nicht unverfänglich. Nun gut, zwar auch historisch belegt, aber irgendwie noch blöder würde klingen: VEB-Schweriner-Getränkekombinat-Promenade.
Also doch lieber Schall und Schwencke. Auch wenn das ganz schön lange Schilder werden, für gerade mal 150 Meter Straße und die armen Bewohner, die sich beim Absender die Finger wund schreiben müssen.
Nein, Historie hin, Historie her. Schall und Schwencke ist als Straßenname Mist. Kürzer wäre es auch gegangen: “Brauerei-Promenade”. Oder noch klarer: “Bier-Promenade”.

Aber nur kurz war die Vorfreude auf unsere erste, unsere einzige Schweriner Promenade. Endlich hätten wir gewusst, wo wir am Wochenende auf- und abflanieren können. Prost! Promenade. 
Aber ausgerechnet der Ausschuss für Schule, Sport und Kultur hatte etwas dagegen. Und so sind Schall und Schwencke als Promenade gestartet und als profaner Weg gelandet.

Schwerin hat immer noch keine Promenade.

Schade.