
Wahlbetrug? Die Rache trifft Schwerin
Sein Name: Jürgen Hass. Er befindet sich auf einem bizarren Rachefeldzug gegen Deutschland. Gerade ist der Nordosten an der Reihe.
Mit seinem Einspruch gegen die Kommunalwahl müssen sich jetzt die Stadtvertreter beschäftigen. Für Hass ist das schon ein Erfolg. Ein weiterer. Er triezt Städte und Behörden mit Schreiben, die gelesen und beantwortet werden müssen. Er werde den Staat so lange schädigen, bis ihm die Erlaubnis zur Beratung gegeben werde, hatte Hass dem Spiegel gesagt. 2006 war das - und sein Brief an 19053 Schwerin legt nahe, dass die Erlaubnis auch acht Jahre später noch nicht vorliegt.
Hass hatte ohne Zulassung kostenpflichtige Rechtsberatungen angeboten. Vor 27 Jahren wurde er nach diversen juristischen Scharmützeln wegen Betrugs zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zuvor war er u.a. Stadtrat der niederrheinischen FDP in einem Ort namens Rees. „Er hat schon immer Gesetze nach Lücken durchforstet, die er anprangern konnte“, berichtete ein Kommunalpolitiker der Süddeutschen Zeitung. Einmal hätte Hass sogar erreicht, dass in Rees die Kommunalwahl wiederholt werden musste. „Das hat ihn irgendwie größenwahnsinnig gemacht.“
Seit der Freiheitsstrafe aber führt er einen Kampf gegen den deutschen Staat, von dem er sich „behandelt fühlt wie ein Hund“, wie er der britischen Zeitung The Guardian einmal sagte. Er ging „mit der Energie eines Marathonläufers“ (Spiegel) vor. Klagen, Beschwerden. Hundertfach. 2004 der Offenbarungseid. 2005 ein Haftbefehl wegen Betrugsverdachts. Hass wanderte nach Paraguay aus.
Und dort? In Südamerika erkannte der heutige Mittsechziger vor allem Vaterschaften an. 2000 sollen es insgesamt sein. Für Kinder aus Paraguay, Rumänien, Russland und anderswo. Den in Armut lebenden Mädchen und Jungen wollte er zu einem deutschen Pass und zu Sozialleistungen verhelfen, sagte Hass. Dies wäre sein „persönliches Entwicklungshilfeprogramm“. Er berief sich dabei auf das Kindschaftsrecht, wonach Vater war, wer sich dazu bekannte. Das Justizministerium musste tatsächlich handeln, um die offene Flanke zu schließen, die das Gesetz gelassen hatte.
Die deutsche Botschaft weigerte sich beharrlich, seine Vaterschaften zu beurkunden. Das stachelte Hass noch mehr an. Er wurde geradezu hyperaktiv, schrieb der Spiegel. 2010 dann saß er auch in Paraguay im Gefängnis. Die Vorwürfe: Urkundenfälschung und Verstoß gegen das Adoptionsrecht.
Und heute? Er stellt Videos ins Netz, die ihn als Berater zeigen. Er hatte noch aus dem Knast heraus angeboten, 2000 Paraguayerinnen seinen Samen zu spenden. Außerdem triezt er weiter. Diesmal Schwerin.
Die Landeshauptstadt jedoch hätte es schlimmer treffen können. In der Gemeinde Neulußheim nahe Mannheim hatte Hass in den 90ern einen Gewerbeschein für einen „Deflorationsservice“ beantragt. Er erhielt die Erlaubnis. „Wir hatten rechtlich keine andere Möglichkeit“, hieß es aus der Stadtverwaltung.