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Lauter Protest für den Rockpalast
Beiges Hemd, blau-grüner Kilt. Heiko Steinmüller hat sich in Schale geschmissen. „Das kleine Schottland hat dem großen England auch die Stirn geboten“, kommentiert der Wirt vom Rockpalast sein Outfit.
Es ist Samstagmittag, kurz vor zwei. An die hundert Leute stehen vor dem Rockpalast in der Goethestraße. „Steini“ begrüßt jeden mit Handschlag. Auch die wenigen, die er nicht persönlich kennt. Viele junge Leute sind gekommen. Zwei handvoll jenseits der 50 sind auch dabei. Und ein paar kleine Kinder.
Auf der anderen Straßenseite stehen zwei Polizisten. Für sie ist der Einsatz an diesem Nachmittag Routinearbeit. Sie wären auch da, wenn es bei der Demonstration nicht um den Rockpalast gehen würde. Sorge, dass sie einschreiten müssen, haben sie nicht.
Kurz nach zwei sind die Plakate und Transparente gut sichtbar. Der Tross setzt sich in Bewegung, biegt rechts in die Geschwister-Scholl-Straße, links in die Mecklenburgstraße, über die Schmiedestraße zum Markt. So, wie vorher für die Genehmigung mit den Behörden abgesprochen. Steini hält sich zurück, läuft in der Mitte mit. Lässt den Lärm auf die Passanten wirken. Pfeifen trillern. Trommelschläge hallen aus der Menge. Die Straßen in der Innenstadt sind gut gefüllt. Die Leute bleiben stehen. Fotografieren. Einige applaudieren. Der Lärm betäubt in den engen Straßen die Ohren. Steinis Streit mit dem Bauamt hat sich herumgesprochen. Viele wissen Bescheid, worum es geht. Einige wünschen viel Glück. Andere halten sich die Ohren zu.
Heiko Steinmüller stellt sein Pult mitten auf den Marktplatz. Durchs Megafon erzählt er einmal mehr von seiner Odysee mit der Stadtverwaltung. Er spricht von Versprechen, die ihm gemacht worden seien. Davon, dass er immer wieder versucht habe, die Vorgaben der Stadt zu erfüllen. Davon, dass sein Rockpalast eine Kneipe sei, wie jede andere auch - nur ohne Schlager und Techno. Dass der Vermieter auf seiner Seite stehe. Der Rockpalast auch kein Einsatzschwerpunkt der Polizei sei. Applaus.
Er spricht davon, dass auch das letzte Gutachten wieder abgelehnt wurde. Sein Laden nicht genehmigt werde, weil Rockmusik und Heavy Metal keine Hintergrundmusik seien. Pfiffe und Buh-Rufe. Als Beleg für die Haltung der Stadt hat er unzählige Mails mitgebracht.
Zwischendurch übertönen der Stadtrundfahrtbus und ein knatterndes Moped das Megafon. Ironische Rufe nach Lärmschutz werden laut.
Das meiste, was Steini erzählt, kennen seine Anhänger bereits. Manch ein Passant bleibt stehen, hört erstaunt zu. Und der Kneipenwirt verspricht mit Blick auf die Verwaltung: „Ich werde so lange anklopfen, bis sie endlich aufmacht.“ Applaus.
Aufweichen lassen sich die verhärteten Fronten zwischen dem Rockpalast und der Stadt mit der Demonstration sicher nicht. Da macht sich auch der Kneipenwirt keine Illusion. Die öffentliche Unterstützung tue ihm aber gut. Mache Mut. Einer seiner Fans ist dafür mehr als 500 Kilometer weit gefahren.
Am Ende zählt die Polizei 150 Demonstranten. Steinmüller weiß: Noch viel mehr Rockpalast-Fans sind in Gedanken dabei – aber auf einer der vielen Open-Air-Veranstaltungen vom Wochenende.
Und was sagen diejenigen, die da sind? Uns zählen sie (mindestens) sieben Gründe auf, warum Schwerin den Rockpalast braucht:
1. Bobby: „Schwerin versteht sich als Kulturstadt. Dann sollte sie auch offen sein für alle Arten und jeden Geschmack von Musik.“
2. Frank: „Weil es nicht sein kann und darf, dass jemand, der Metal und Rock hört, aufgrund seines Musikgeschmacks derart ausgegrenzt wird.“
3. Juli: „Warum sollen nur Cocktailbars und Diskos in Schwerin existieren?“
4. Mia: „Wir fühlen uns sehr wohl in Steinis Kneipe. Das ist der Treffpunkt für unsere Szene. Wir sind wie eine Familie. Wir sind nicht böse und tuen keinem was."
5. Nicole: „Weil wir friedlich feiern! Streit, Stress, Schlägereien gibt es im Rockpalast nicht.“
6. Max: „Schwerin braucht den Rockpalast, weil es keine andere Szenekneipe in Schwerin gibt. Sollte die Kneipenvielfalt einer Stadt nicht alle Geschmäcker bedienen?“
7. Cindy: „Der Rockpalast ist unsere Musik und Kultur.“