AfD, die Butter und das Brot

Der nächste Versuch, den unliebsamen Teil der eigenen Parteispitze zu stürzen, dürfte in Schwerin starten. Der Kreisverband jedenfalls hätte nichts dagegen.
18.02.2015
Matthias Hufmann

Nach der Wahl am Sonntag hat die AfD Mecklenburg-Vorpommern dem Hamburger Landesverband artig gratuliert. „Wir haben gezeigt, dass die Alternative für Deutschland kein Ostphänomen ist“, sagte Landessprecher Leif-Erik Holm. Der Kreisverband Mecklenburg-Schwerin wollte sich mit netten Worten nicht lang aufhalten. Kurzer Glückwunsch - und dann dieser Facebook-Eintrag: „Wir hoffen, dass dieses Ergebnis auch als Warnschuss verstanden wird!“ Es folgte eine Abrechnung mit Hans-Olaf Henkel. „Leider war mit dem Wahlprogramm und den Personalien nicht mehr zu machen.“ Die Hamburger Führung hätte andere Landesverbände ignoriert und sein eigenes Ding durchgezogen, „alles im Sinne der politischen Korrektheit!“ Und: „Henkel spricht in seinem Statement von ,dieser Partei', schade Herr Henkel, wir hätten uns von Ihnen mehr innerparteilichen Patriotismus gewünscht.“

Eine Freundschaftsanfrage war das ganz sicher nicht. Eher der wenig dezente Hinweis, dass neben Henkel auch Parteichef Bernd Lucke für das - offensichtlich so empfundene - maue Ergebnis von 6,1 Prozent bei der Hamburg-Wahl zuständig gewesen sei. Und gegen Lucke geht immer was in Schwerin. Nach dem Parteitag in Bremen hieß es auf Facebook: „Als wäre die AfD ein inhabergeführtes Unternehmen, dessen Patriarch sich an den Rand gedrängt fühlt, obwohl er doch die Aktienmehrheit hält, maßregelte Lucke in nachgerade unglaublicher Weise diejenigen, welche überhaupt erst dafür gesorgt hatten, dass ,seine' Partei zu einer ernstzunehmenden politischen Kraft geworden ist, wie kleine Schulbuben als ,Stümper' und wurde dafür auch noch bejubelt und zwar von jenen, die es ebenso leid sind, aus dem ,Tal der Ahnungslosen' heraus eine in ihren Augen unerträgliche Dominanz erdulden zu müssen.“

Ein Wutbrief von Holger Arppe, dem ehemaligen AfD-Chef in Mecklenburg-Vorpommern. Der Text stand zunächst auf seiner privaten Seite und wurde später vom Kreisverband verbreitet. Arppe ist wegen Volksverhetzung angeklagt. Er soll sich in einem Internetforum unter Pseudonym mehrfach islamfeindlich geäußert haben. Der Prozess beginnt Ende März.

Arppe appellierte in seinem Post vom 1. Februar an die ostdeutschen Landesverbände, sie sollten „unter den nun gegebenen Umständen auf keinem Fall von ihrem bewährt zu nennenden Kurs abweichen oder sich anderweitig die Butter vom Brot nehmen lassen.“ Dazu gäbe es auch keinen Grund, denn anders als im Westen sei man auf Lucke keineswegs angewiesen, sondern verfüge mit Frauke Petry, Alexander Gauland und Björn Höcke „über drei vorzügliche Führungspersönlichkeiten.“

Ost gegen West? Petry, Gauland, Höcke gegen Lucke und Henkel? Davon will die AfD nichts wissen. „Sicher gibt es gelegentlich verschiedene Auffassungen über Ausrichtung, Struktur und politische Schwerpunkte“, teilte Bundessprecherin und Sachsen-Chefin Petry unserem Magazin mit. „Das ist in einer jungen, dynamischen und ehrgeizigen Partei allerdings kein bemerkenswerter Vorgang.“

In Brandenburg und Thüringen sieht man das genauso. Wie auch in MV. „Ich halte nichts von einer künstlichen Trennung in Ost und West“, sagte Landessprecher Leif-Erik Holm. „Die Probleme von Euro bis Zuwanderung sind in ganz Deutschland präsent.“ Und der Text von Arppe: War das ein Beitrag zur Debatte - oder eine Botschaft an die anderen ostdeutschen Verbände? „Sicher Beitrag und Botschaft zugleich. Ich verstehe Holger Arppe vollkommen“, so Holm. „Er möchte nicht, dass wir uns zur FDP 2.0 entwickeln. Die Wahlergebnisse im Osten haben gezeigt, dass wir uns breit aufstellen müssen. Schließlich sehen wir uns als - noch kleine - Volkspartei. Deshalb, nicht liberal oder konservativ lautet die Frage, sondern, wie schaffen wir es, beide Hauptströmungen mit einem Und zu versehen.“

Es dürfe getrost konstatiert werden, dass es in ‪‎Mecklenburg‬-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen sicherlich mit Bedauern aufgenommen worden wäre, hätte Lucke in Bremen tatsächlich den Bettel hingeworfen, schrieb Arppe nach dem Parteitag. „Als Katastrophe, gar als Ende der AfD würde man diesen Schritt zweifellos nicht empfinden.“

In Schwerin ganz bestimmt nicht.

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