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Die Lehrerin des Jahres
Lukas mag sie, weil sie eine „coole Lehrerin“ ist. Tommy, weil er immer zur ihr kommen kann, wenn ihm etwas auf dem Herzen liegt. Philipp, weil sie „nie aufgibt und an uns glaubt“. Jonas schätzt an ihr, dass sie auch dann Ruhe bewahrt, wenn die Klasse „Mist baut“. Gogo mag ihre offene und ehrliche Art. Linda findet es toll, dass sie „meistens gute Laune und immer einen Rat parat hat“. Ihrer Lehrerin Komplimente zu machen, fällt den Schülern von Sabine Schickel nicht schwer.
„Wir müssten sie mal als Lehrerin des Jahres vorschlagen“, überlegten vor ein paar Monaten einige von ihnen. Was sich schnell daher sagt und ebenso schnell wieder in Vergessenheit geraten kann, war den Schülern eine Herzensangelegenheit. Umso mehr freuen sie sich jetzt, dass Sabine Schickel tatsächlich Lehrerin des Jahres in Schwerin geworden ist.
Schon wenn man die Klasse betritt, spürt man das tiefe Vertrauen zwischen Sabine Schickel und ihren Schülern. Ein Vertrauen, das zwischen Lehrern und Schülern nicht selbstverständlich ist. Die 47-Jährige redet gerade mit ihnen über Gott und die Welt. Religion steht auf dem Stundenplan. Offen und ehrlich sprechen die Jungs und Mädels mit ihr über ihre Erfahrungen mit Menschen, die einen anderen Glauben haben. Sie reden auch über den Tod von Jesus. Jeder macht sich seine Gedanken dazu. Sie vor den anderen ehrlich zu äußern, scheuen sie sich nicht.
Ein anderer Weg zum Ziel
Sabine Schickel unterrichtet an der Außenstelle für Produktives Lernen der Werner-von-Siemens-Schule. Dahinter verbirgt sich ein besonderes schulisches Angebot für Jugendliche ab der 8. Klasse, die durch den Unterricht an einer „Regelschule“ nur noch teilweise oder gar nicht mehr erreicht werden und damit ihren Schulabschluss gefährden. Es verbindet Allgemeinbildung mit individueller Berufsorientierung, Theorie mit Praxis und bis zu drei Jahrgangsstufen in einem Team. Klassische Klassen gibt es nicht, eine Fünf-Tage-Woche im Klassenraum ebenso wenig. An drei Tagen in der Woche lernen die Schüler in einem Betrieb, an zwei Tagen in der Schule. Sabine Schickel und ihre drei Kolleginnen sehen sich eher als Teamleiter denn als Lehrer und „kämpfen mit jedem Einzelnen, damit er den Abschluss machen kann, den er möchte“.
Der gelbe Flachbau mitten im Neubaugebiet in Lankow ist so etwas wie Sabine Schickels zu Hause. Vor acht Jahren hat sie das Projekt mit viel Herzblut maßgeblich mit aufgebaut. Seither leitet sie die Außenstelle in der Flensburger Straße. Hier verbringt sie viel Zeit. Deutlich mehr, als sie müsste. Sie organisiert Lesenächte, geht mit den Mädels und Jungs ins Kino. Und Theater macht sie nicht wegen vergessener Hausaufgaben, sondern aus Leidenschaft mit ihren Schülern auf der Bühne.
Für ihre Schüler gibt es als Dankeschön eine Grillparty
Sabine Schickel ist so eine Art Lehrerin, die man selbst gern gehabt hätte. Der Boss und trotzdem ein Kumpeltyp zum Pferdestehlen. Dass ihre Schüler ihre Handynummer haben, ist für sie selbstverständlich. Dass ihre Schüler sie nicht nur nutzen, um sich krank zu melden, sondern ihr darüber auch Urlaubsgrüße und Bilder schicken, ebenso.
Zur Lehrerin des Jahres gewählt worden zu sein, hat sie von Mathias Brodkorb persönlich erfahren. Zunächst glaubt sie an einen Scherz, als ihre eine Frau am Telefon sagt, der Minister wolle sie sprechen. „Das ist ja cool“, antwortet sie ihm, als sie erfährt worum es geht. „Cool“, weil sie sich wirklich freut. „Cool“, weil sie findet, dass solch ein Preis den Lehrerberuf in der Öffentlichkeit in ein anderes Licht rücken kann. Mit ihr werden noch sieben andere Pädagogen aus MV zum Lehrer des Jahres gekürt - aus jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt einer. „Cool“ ist sicherlich auch, dass der Preis mit 2500 Euro verbunden ist. Davon wird sie mit ihrem Sohn in Urlaub fahren. Und eine Grillparty für ihre Schüler schmeißen.