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Schweriner Straßen - das Themenpaket
„Weiberviertel.“ So lautet in der Stadtverwaltung der interne Name für das ehemalige Molkereigelände. Weshalb? Weil die Straßen dort nach Frauen benannt sind. Nach Brigitte Reimann, Lucie Höflich oder Ida Masius. Weibliche Namen sind deutlich unterrepräsentiert - das Südufer des Ziegelaußensees ist da eine Ausnahme.
Es gibt Straßennamen in Schwerin...
...mit geografischem Bezug, zum Beispiel Am Krebsbach, Krösnitz oder Werderstraße.
...mit Bezug zur Stadttopographie, zum Beispiel Eisenbahnstraße, Mühlentwiete oder Querstraße.
...mit Bezug zu anderen Orten, zum Beispiel Eutiner Straße, Prerower Ring oder Wuppertaler Straße.
...mit Bezug zur historischen Nutzung, zum Beispiel Arsenalstraße, Lehmstraße oder Ziegenmarkt.
...mit historischem Bezug, zum Beispiel Obotritenring, Platz der Opfer des Faschismus oder Franzosenweg.
...mit Bezug zu Personen, zum Beispiel Carlshöhe, Frankenhorst oder Gertrudenhof.
...mit Bezug zu bekannten Personen, zum Beispiel Demmlerstraße, Schillerstraße oder Kantstraße.
...mit Bezug zu Berufen, zum Beispiel Jägerweg, Schäferstraße oder Bäckerstraße.
...mit Bezug zu Tieren und Planzen, zum Beispiel Birkenweg, Rosenstraße oder Uhlennest.
Woher hat der Totendamm seinen Namen?
Totendamm war nie die amtliche Bezeichnung, auch wenn viele Schweriner den hochgelegenen Teil der Goethestraße bis heute so nennen. Lobedanzgang, Wallstraße: Auf diesem Gebiet gab es mal einen Friedhof. Deshalb der Name, erklärt Dieter Greve, ehemaliger Leiter des städtischen Kataster- und Vermessungsamtes und Verfasser der Broschüre „Schweriner Straßennamen“. Zur Einweihung 1786 benötigte man von der Stadt aus einen Zugang. Da dieser zum neuen Gottesacker bergauf führte, bezeichnte man ihn als Totendamm. Erst 1862 nahm man auf dem Domfriedhof keine Bestattungen mehr vor. Es war ein neuer angelegt worden - vor dem damaligen Feldtor auf dem Galgenberg, am heutigen Obotritenring.
Diese Straßennamen gehören zu den ältesten in der Stadt
Am Packhof (ca. 1893), Paulsstadt
Amtstraße (um 1750), Schelf- und Werdervorstadt
Apothekerstraße (um 1750), Schelfstadt
Bäckerstraße (1885), Paulsstadt
Brunnenstraße (1866), Feldstadt
Burgstraße (1880), Altstadt
Bleicherstraße (1785), Feldstadt
Bischofstraße (1841), Altstadt
Ferdinand-Schultz-Straße (1867), Werdervorstadt
Großer Moor (1430 erwähnt), Altstadt
Johannesstraße (1868), Paulsstadt
Molkereistraße (1893), Paulsstadt
Münzstraße (etwa 1770), Schelfstadt
Schelfstraße (1841), Schelfstadt
Seestraße (1866), Feldstadt
Spieltordamm (1284 erwähnt), Schelfstadt
Steinstraße (1872), Paulsstadt
Tappenhagen (1403 erwähnt), Altstadt
Theaterstraße (1841), Altstadt
Voßstraße (1880), Paulsstadt
Wallstraße (1843), Feldstadt
Diese Straßen sind die längsten in Schwerin
1. Ludwigsluster Chaussee: ca. 8000 Meter (Höchste Hausnummer: 72)
2. An der Crivitzer Chaussee: ca. 6000 Meter (Höchste Hausnummer: 62a)
3. Hamburger Allee: 4777 Meter (Höchste Hausnummer: 240)
4. Fährweg: 3942 Meter (Höchste Hausnummer: 5)
5. Franzosenweg: 3734 Meter (Höchste Hausnummer: 72)
6. Pampower Straße: 3682 Meter (Höchste Hausnummer: 76)
7. Medeweger Straße: 3463 Meter (Höchste Hausnummer: 20)
8. Neu Pampow: 3349 Meter (Höchste Hausnummer: 52)
9. Rogahner Straße: 3174 Meter (Höchste Hausnummer: 100)
10. Sacktannen: 3161 Meter (Höchste Hausnummer: 2)
11. Lübecker Straße: 3103 Meter (Höchste Hausnummer: 289)
12. Plater Straße: 3024 Meter (Höchste Hausnummer: 3)
13. Wismarsche Straße: 2935 Meter (Höchste Hausnummer: 405)
14. Obotritenring: 2785 Meter (Höchste Hausnummer: 249)
15. Grevesmühlener Straße: 2568 Meter (Höchste Hausnummer: 87)
Sieben Namen für die heutige Mecklenburgstraße
Den Anfang machte „Am Fließgraben“, angelehnt an den mittelalterlichen Fließgraben, der sich einst vom Pfaffenteich zur Klosterstraße bis in den Burgsee zog. Bis er um 1800 herum zunächst zwischen Pfaffenteich und Schmiedestraße, später bis zur Schlossstraße kanalisiert und überwölbt wurde. Mit dem Postgebäude erhält der Abschnitt zwischen Pfaffenteich und Schmiedestraße 1849 eine neue Adresse: Poststraße.
Danach lösten sich die Namen, zumeist politisch begründet, ab. 1874 wurde Kaiser Wilhelm Namensgeber. Bis Bismarck ihn 1939 ablöste. 1950 änderte sich die Anschrift wieder. Jetzt wohnten die Leute in der „Straße der Nationalen Einheit“. 22 Jahre später kam Hermann Matern aufs Straßenschild. Er war ein kommunistischer Politiker und im Jahr zuvor gestorben. „Mecklenburgsstraße“ ist je nach Straßenabschnitt Name Nummer sechs oder sieben. Er gilt seit 1991.
Wer gibt Straßen die Namen?
„Die Straßennamen in den Stadtgebieten folgen gewissen Konzepten“, sagt Kerstin Dobbrick vom Amt für Stadtentwicklung. In Neumühle, zum Beispiel, sind es Vogelarten und Flurnamen, in Neu Zippendorf Namen von Partnerstädten. Das Mueßer Holz prägen Persönlichkeiten der Wissenschaft. Den Großen Dreesch dominieren Namen von Persönlichkeiten, die Widerstand gegen Diktaturen leisteten. Im Gewerbegebiet Süd sind es Erfinder. In Lankow liegt der Schwerpunkt auf schleswig-holsteinischen Städtenamen. In Friedrichsthal stehen Dörfer aus der Schweriner Umgebung sowie Pflanzen Pate. Und im Wohngebiet an der alten Molkerei sind alle Straßennamen weiblich. Die Idee mit den Frauen sei von Schwerinern gekommen.
Personen werden erst dann auf einem Straßenschild verewigt, wenn sie verstorben sind. Normalerweise frühestens nach fünf Jahren. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Die wurde etwa bei der Ludwig-Bölkow-Straße gemacht. „Dann müssen aber die Nachfahren zustimmen“, so Kerstin Dobbrick.
Brauchen neue Straßen einen Namen, entscheidet der Hauptausschuss darüber - in der Regel, nachdem auch andere Ausschüsse und der Ortsbeirat ihre Meinungen dazu geäußert haben. Zuletzt vergab er zwei Adressen für das Wohngebiet, das auf dem Gelände der Alten Brauerei an der Knaudtstraße entsteht. Die beiden Straßen werden „Holzhof“ und „Schall-und-Schwencke-Weg“ heißen. Dem Vorschlag „Schall-und-Schwencke-Promenade“ erteilte er eine Abfuhr. Sollen bestehende Straßen umbenannt werden, haben die Stadtvertreter das letzte Wort.
Hintergrund
Die Broschüre „Schweriner Straßenamen“ wurde aktualisiert und neu aufgelegt. Erarbeitet wurde sie von Dieter Greve. Seine Forschungen zur Vorbereitung von Neu- und Umbenennungen Schweriner Straßen, die er auch im Ruhestand weitergeführt hat, sind Grundlage der Broschüre. Nach der Erstauflage im Mai 2001 und zwei unveränderten Neuauflagen hat er sie nun mit Stichtag Dezember 2014 aktualisiert und überarbeitet.
Neben dem Gesamtverzeichnis der 578 aktuellen Schweriner Straßennamen und einer Auflistung historischer, ehemaliger Straßennamen enthält die Broschüre eine thematische Zusammenstellung nach Personen, Berufen, Tier- und Pflanzennamen und weiteren Kategorien.
Die Broschüre ist in einer Auflage von 500 Stück erschienen. Sie ist ab sofort im Bürgerbüro und im Geodatenvertrieb der Vermessungs- und Geoinformationsbehörde im Stadthaus zum Preis von 5 Euro erhältlich.