Roland Regge-Schulz

Das Schweriner Sambadrom

Schluss. Aus. Vorbei. Es hat sich was mit Alaaf und Helau. Endlich Aschermittwoch. Endlich hat die norddeutsche Seele Ruh. Denkste.

Der Karneval in Deutschland passierte in diesem Jahr unter dem Motto „Vom Winde verweht“. Rosenmontagsumzüge wurden wegen einer Sturmwarnung abgesagt. Obwohl ich eigentlich nicht zur Schadenfreude neige, fand ich das irgendwie komisch. Das Lachen ist mir aber schnell vergangen. Die ausgefallenen Rosenmontagsumzüge sind gar nicht ausgefallen, die wurden nur verschoben. Soll heißen: Am Aschermittwoch ist mitnichten alles vorbei. Verdammt.

Früher, in meiner Jugend, da war ich ja selbst mal Karnevalist. Ich bin nicht stolz darauf, schäme mich aber auch nicht dafür. Damals war Karneval Anarchie.
Damals durften wir nicht dahin, wo der Karneval wohnt, also haben wir ihn hierhergeholt. Dadaaaa, Dadaaaa, Dadaaaa....
Den Karnevalsverein gibt es noch. Mich als Karnevalisten nicht mehr. Ich will ihn aber auch nicht hassen, also suche ich nach seinen positiven Seiten.

1. Wer sich eine Prunksitzung angesehen hat, findet danach ein halbes Jahr lang auch die schlechteste Fernseh-Comedy witzig.
2. Menschen sehen mit bunten Mützen immer noch besser aus als mit Stahlhelmen.
3. Kein Alkohol ist auch keine Lösung.
4. Am Aschermittwoch ist alles vorbei.

Punkt 4 fällt leider aus in diesem Jahr. Siehe nachzuholende Rosenmontagsumzüge in denen Politikern ähnlich aussehend sollende Figuren durch die Stadt gefahren werden. Für die Politik ist Karneval ein Geschenk. Im Frohsinn wird alle Scheiße vergessen. TTIP zum Beispiel. Da wird dann ein TTIP-ist-blöd-Wagen durch die Straßen bewegt. Alle sagen: Ja, TTIP ist doof. Alle haben das Gefühl jetzt ganz doll was gegen TTIP unternommen zu haben. Und die Regierung kann in aller Ruhe weiter an dem Mist rumwurschteln.

Bundespräsidenten sagen ja oft seltsame Sachen. Dafür wurden sie schließlich gewählt. Die tun ja nichts, die sagen nur. Ich warte nur auf den Tag, an dem ein Präsident verkündet: Der Karneval gehört zu Deutschland. Und ich freue mich auf den wütenden Aufschrei aus Norddeutschland. Ich werde nicht mitschreien. So ein Präsidentengeschwätz kann ja ein Auslöser sein. Ich stelle mir vor, die präsidialen Worte hallen bis nach Brasilien und tausende Sambatänzerinnen und-tänzer machen sich auf den Weg ins Land des Karnevals nach Deutschland.
Ich freue mich schon auf den Rosenmontagsumzug im Schweriner Sambadrom.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Schade.