Roland Regge-Schulz

Heiß ist es

Über 30 Grad im Schatten. Sehr heiß. Schwierig einen klaren Gedanken zu fassen. Aber dann tanzt doch einer vorbei. Moment mal, hatte ich nicht vor vier Jahren geschrieben...? Ja, ich hatte... aber lesen Sie selbst.

Richtig Sommer ist, wenn man lieber im Schatten sitzt. Aber was, wenn es selbst
im Schatten zu heiß ist?
Das Thermometer klettert in utopische Bereiche, das Auto röchelt in der Sonne und zeigt 45 Grad an. „So eine Angeberkarre“, denke ich, macht hier einen auf ICE, aber schafft selbst auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke nicht mal 200 km/h.
Schön, dass es so warm ist. Ab 30 Grad im Schatten  braucht sich keiner mehr zu entschuldigen, wenn er sich faul im Liegestuhl rekelt. 30 Grad im Schatten haben Verständnis für alles eingebaut. Und überhaupt, was heißt hier faul. Man muss sich nicht rühren, um große Gedanken zu wälzen. Ich plätschere mir ein eiskaltes Bier in den Kopf. Keine so gute Idee bei diesem Wetter.
Ein kluger Gedanke winkt aus dem trägen Strom. Es geht um Quantenphysik, Weltall und relative Theorie. Ich reiche ihm die Hand, er kichert albern, rutscht ins Nichts und nur eine Frage bleibt: Ist ein Raumschiff voller Frauen eigentlich unbemannt?
Die Kinder wollen nicht raus aus dem Wasser. Ich lasse mich hineinfallen. Warum eigentlich? Es ist genau so warm wie das Flachbecken in der Schwimmhalle, in dem die undichten Windelzwerge planschen, die noch nicht so genau wissen, was man im Wasser nicht machen darf.
Ich schleppe mich zurück in den Schatten, ein Windhauch pustet Kühle auf die Haut. Das Kühlschrankprinzip, denke ich, und will im Kopf schon mal eine Klimaanlage für Deutschland konstruieren. Leider ertrinken schon die ersten Bauteile im Schweiß.
Über 30 Grad im Schatten.
„Ein Bierchen  ist keine gute Idee“, der Gedanke kommt mir seltsam bekannt vor. „Ssssss“, zischt das Bier, und ich frage mich, warum ausgerechnet das Wort Lispeln ein S hat. „Schschtscht“, macht das Bier und ich halte den Mund. Die Gedanken kann ich nicht festhalten. Sie tropfen wahllos aus dem Kopf. Ich schwimme ein wenig in ihnen herum, vielleicht ist ja ein großer dabei, so als Abkürzung zum Nobelpreis. Wieso ist ausgerechnet Abkürzung so ein langes Wort? Ich muss dringend in den Urlaub, dieses Jahr am besten in den Süden, wo es nicht so warm ist. Haben wir eigentlich ein Schaltjahr? Und wenn ja, darf man in einem Schaltjahr Automatik fahren? Über
30 Grad, na und, ich hab’ einen Schatten!