Oasen in der Servicewüste
Nach dem Fernseher von Ikea hat auch mein Tablet-PC von Samsung nicht mehr mit mir gesprochen. Hat keinen Mucks mehr von sich gegeben, hat aufgehört, mir mit seinen kleinen blauen LEDs fröhlich zuzuzwinkern. Einen freien Tag hatte ich schon eingeplant, wollte ihn voll und ganz nutzen, wollte so lange die Hotline nerven, bis sie entnervt aufgibt. Ich brauchte den PC. Ich brauchte die Hilfe. Ich wollte mich gemütlich zu Hause auf das Sofa legen und telefonieren.
Einen Tag davor habe ich mir im Büro noch schnell die Nummer der Hotline rausgesucht. Und weil gerade Mittag war, habe ich aus lauter Jux und Dallerei mal da angerufen, wollte wissen, auf welche Warteschleifenmusik ich mich freuen durfte.
Aber nichts da mit Musik. Eine freundliche Stimme, deutsch ohne koreanischen Akzent, fordert mich auf mein Anliegen mit einer passenden Zahl zu verbinden. Leider hatten meine Ohren Mittagspause und ich habe einfach mal nichts getan. Schon hatte ich eine lebendige Frauenstimme, deutsch ohne koreanischen Akzent, am Ohr. Ich schilderte ihr mein Problem, sie bat mich kurz zu warten, sie würde mich mit dem Fachmann für mein Problem verbinden.
Bevor ich „Ha, ha, die verarscht mich“ zu Ende denken konnte, hatte ich einen Fachmann in der Leitung. Der war schon vorinformiert, wollte nur noch genau wissen, was ich denn für ein Gerät habe. Ich beschrieb ihm so gut es ging das Teil, dass zu Hause stumm auf dem Tisch herumlag.
Wie sich herausstellte, war ich bei ihm falsch. Für meinen PC war ein anderer Fachmann zuständig. Meine Schuld, hätte ich mich gleich klar ausgedrückt, wäre ich nicht falsch verbunden worden. Das sagte der Fachmann fürs Andere aber nicht. Freundlich bat er mich zu warten, er würde mich an den richtigen Fachmann weiterleiten.
Bevor ich „Ha, ha, der verar...“ zu Ende denken konnte, hatte ich den richtigen Fachmann in der Leitung. Der war über mein Problem schon bestens im Bilde. Sagte, das kann nur an drei Dingen liegen: Netzteil kaputt, Akku defekt oder Ladebuchse hinüber. Und ich solle zuerst mal gucken, ob die grüne LED am Ladegerät leuchte. Das fiel mir schwer, weil ja das Netzteil neben dem PC zu Hause auf dem Tisch lag. Kein Problem für den Fachmann. Dann solle ich eben später zu Hause gucken und dann die Hotline wieder anrufen, dabei gleich die 7 wählen, dann lande ich direkt bei meinem Fachmann. Und dann fragte er mich, ob ich bisher zufrieden sei mit dem Service von Samsung. Das Ganze hat gerade mal fünf Minuten gedauert.
Ich habe mir dann ein neues Ladegerät gekauft.
In der Ikea-Hotline dagegen waren grundsätzlich immer über 30 Reklamateure vor mir. Alle meine Mails an die “Wir-helfen-Dir-Adresse” waren auch immer noch unbeantwortet. Die Warteschleifenstimme hatte mir mehrfach erzählt, dass ich doch einfach zurückbringen solle, was ich zu reklamieren wünsche. Außer Elektrogeräte! Ich packte genervt mein Elektrogerät ins Auto und fuhr zu Ikea.
„Moin“, sagte ich, „der Fernseher ist kaputt und eure Hotline ist alles, nur nicht hot!“
Die junge Frau an der Reklamation wälzt einen Katalog in dem umständlich beschrieben ist, was in meinem Fall zu tun ist. Da steht was von Leuten, auf die ich zu Hause warten solle, damit die kommen und gucken können, ob ich nicht zu blöd war, das Gerät anzuschließen. Und von Spediteuren, die das Gerät dann irgendwann abholen kommen, um es zur Reparatur und wieder zurückbringen, wenn es denn zu reparieren war.
Sie schüttelt den Kopf, fragt, ob ich den Fernseher loswerden wolle. Ich nicke. Sie nimmt das Gerät und ich bekomme mein Geld zurück. Einfach so.
Und ich stehe da, fassungslos. Ein Weltbild ist zusammengebrochen. Inmitten der Servicewüste gibt es große Oasen mit Palmen und Teichen und blühenden Wiesen. Ich will nicht mehr weg. Ich bleibe einfach hier. Ich bin doch kein Kamel.