Pfingsten ist das Fest der Wunder
Das eigentliche Wunder war ja, dass Jesus Jünger plötzlich alle möglichen Sprachen beherrschten und damit endlich das babylonische Sprachgewirr ordnen und die christliche Botschaft in alle Welt hinaus tragen konnten. Jesus war ja einst Ostern entschwunden und hat dann Pfingsten seinen Jüngern den Rücken gestärkt, indem er ihnen seinen, inzwischen heiligen, Geist geschickt hatte. Aber das wissen wir ja alle. Und das Pfingsten ein Hochfest der Kirche ist, wissen wir ja auch.
Ich wundere mich zu Pfingsten, dass der Pfingstmontag immer noch ein Feiertag ist. Wirtschaftsverbände wollten ihn ja schon mal abschaffen. Neun Jahre ist das her. Aber die Kirchen waren dagegen. Natürlich waren sie das. Die Arbeitnehmer sowieso. Aber auch alle Parteien im Bundestag. Mit Ausnahme der FDP. Tja, das hat sie nun davon.
Ein weiteres Wunder ist der alljährliche Pfingsstau zu Pfingsten. Jedes Jahr das gleiche Malheur. Alle fahren sie los. Alle gleichzeitig. Alle wissen sie, dass alle fahren. Und trotzdem fahren sie alle. Anstatt ganz in Ruhe noch ein bisschen zu Hause zu sitzen, sitzen sie lieber völlig verspannt hinterm Lenkrad stundenlang in einem Stau zwischen Flensburg und München.
Aber das allergrößte Wunder von allen ist, dass Pfingsten noch nicht annektiert worden ist. Weihnachten wurde längst vom Einzelhandel übernommen. Das Christkind in der Krippe vom Weihnachtsmann in die dunkle Ecke geschoben.
Ostern gehört dem Hasen, der Eierindustrie und Apple. Passen doch super in so ein Nest: iPhone, iPad, iMac.
Zum Mutter und zum Valentinstag akquiriert die Blumen- und die Pralinenmafia Kunden ohne Ende, indem sie Kindern und Ehemännern ein schlechtes Gewissen einreden.
Die Brauereien haben den Himmelfahrtstag in Vatertag umbenannt und machen an diesem einem Tag den halben Jahresumsatz. Na ja, fast.
Und Pfingsten? Nichts!
Da sitzen seit Jahren die Strategen in den Chefetagen der großen Konzerne und überlegen, wie sie das lange Wochenende in Profit umwandeln können. Nichts fällt ihnen ein.
So ein Heiliger Geist ist auch nicht greifbar. Ist ja mehr so virtuell. Ist mehr so Software.
Software? Moment mal. Software ist ja auch so eine Art Heiliger Geist, der meinen Computer zum Laufen bringt. Und mein Handy und die Waschmaschine auch.
Ja, HALLO, Microsoft, Apple, Adobe! Wie wärs denn mit Pfingsten 2.0. Das Fest des Geistes. Ich sehe virtuelle Geschenkorgien. Heilige Geister, die in jeden Rechner fahren, Apps die Handys besetzen. Ihr könnt die Idee haben. Fünf Prozent für mich wären okay. Bekommen auch alle was ab, die diese Kolumne bis zum Ende gelesen haben.