Eine Kolumne von Roland Regge-Schulz

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Nach vier Wochen Streik, in denen es kaum ein Brief in den Kasten und ein Paket zum Nachbarn geschafft hat, sind die Schleusen geöffnet. Was soll man bloß tun, gegen die geballte Flut von Mahnungen und Rechnungen. Tante Lisel hat da so eine Idee.

„Die Post hat aufgehört zu streiken“, sagt Tante Lisel.
„Hmmhhh...“, brummt Onkel Manfred.
„Jetzt kommt alles auf einmal“, sagt Tante Lisel.
„Das schaffen die nicht“, sagt Onkel Manfred, „die räumen jetzt Stück für Stück die Lagerhallen leer.“
„Das ist ja noch schlimmer“, stöhnt Tante Lisel, „das sind ja dann gleich Tage des Schreckens. Rechnungen, Mahnungen, oh Gott.“
Onkel Manfred sagt gar nichts. Aber sein Gesicht spricht Bände. Er denkt an die Strafzettel, die noch ausstehen. Bei den ersten beiden Blitzern hat er sich noch erschrocken. Aber dann wars egal. Gab ja keine Strafzettel, die Post hat ja gestreikt. Wer hätte auch ahnen können, dass die damit aufhören, bevor alles verjährt ist.
„Scheiß Post“, sagt Onkel Manfred.
„Das kannste so auch nicht sagen“, sagt Tante Lisel.
„Weicheier das alles“, sagt Onkel Manfred, „die hätten doch wenigstens streiken können, bis Griechenland gerettet ist. So aus Solidarität.“
„Und nun?“ fragt Tante Lisel.
„Gegenfeuer“, sagt Onkel Manfred, „bei Buschbränden zünden sie Gegenfeuer an, damit der Brand nicht so schlimm wird.“
„Aha“, sagt Tante Lisel, „das mache ich auch.“
„Was machst Du?“
„Gegenfeuer! Ich bestelle einfach Schuhe, bei denen, die ganz schnell liefern. Und wenn dann die Post mit den Rechnungen und Mahnungen kommt, kommen auch die Schuhe und ich kann mich über etwas freuen.“
„Und am nächsten Tag?“, fragt Onkel Manfred.
Tante Lisel lacht: „Da bestelle ich mir nochmal Schuhe.
„Und den Tag danach.“
„Schuhe! Und bevor du noch weiterfragst: Schuhe, Schuhe, Schuhe...!“
Still ging Onkel Manfred hinaus und schraubte Briefkasten und Türschild ab.