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Zu Ostern gibt’s nur kleine Dinge
Der kleine Junge ist nicht doof, schließlich geht er schon in die Schule. Er weiß Bescheid über den Osterhasen. Deshalb hat er sich auch nichts Großes gewünscht, zu Ostern. Große Dinge kann der kleine Hase einfach nicht tragen. Für große Dinge ist der Weihnachtsmann zuständig, der ist schwer und stark und hat einen Schlitten. Der Hase hat nur eine Kiepe, so einen Rucksackkorb. Zu Ostern gibt es deshalb nur Kleinigkeiten, man sollte den Hasen nicht überfordern.
Der kleine Junge schüttelt den Kopf, als er an seinen Freund Dustin denken muss. Was für ein Idiot der doch ist. Einen Fernseher hat der sich zu Ostern gewünscht. Das muss man sich einmal vorstellen, einen Fernseher. Dustin hat in seinem Zimmer schon eine Wand freigeräumt, an die das Gerät geschraubt werden soll. Und dann hat er die Arme ausgestreckt und die Finger gereckt und hat gesagt, dass sein Fernseher so und noch zwei Hände größer sein soll.
Wie blöd muss man nur sein, dass man sich einen Fernseher zu Ostern wünscht. Jedes Kind weiß doch wie klein so ein Hase ist, und dass der nie und nimmer einen Fernseher tragen kann. Höchstens die Fernbedienung.
Und was will man mit einer Fernbedienung, wenn man keinen Fernseher hat.
Der kleine Junge ist viel cleverer. Er hat nur kleine Dinge auf seinen Wunschzettel gemalt.
„Ja ist denn schon Weihnachten“, hatte seine Mutter mit großen Augen gefragt, als er ihr das Blatt gab, damit sie es an den Osterhasen weitergeben konnte. Manchmal sind Erwachsene ganz schön doof. Den ganzen Wunschzettel hatte er mit bunten Eiern umrahmt, was ja wohl ein eindeutiger Hinweis darauf war, dass es sich nicht um einen Weihnachtswunschzettel handelt.
Am Abend hatte er dann gehört, wie sich die Eltern aufregten, dass Ostern nicht mehr so ist wie früher. Das Ostern total kommerzialisiert werde und sie sich wunderten, dass der Hase nicht auch schon rot-weiß war, wie der Weihnachtsmann, diese wandelnde Colaflasche.
Was das Wort kommerzialisiert bedeutet, weiß der kleine Junge nicht. Aber er wundert sich schon, dass der Osterhase noch nicht von Google aufgekauft wurde. Würde ja irgendwie gut passen, der Hase versteckt und Google hilft beim Suchen.
Der kleine Junge hüpft fröhlich durch den Garten. Die Eltern stehen auf der kleinen Terrasse und schauen ihm zu.
Vater ruft: „Warm, wärmer...“
Der kleine Junge schüttelt den Kopf. Eltern! Als wenn er nicht selber merken würde, dass es immer wärmer wird. Schließlich klettert die Sonne gerade den Himmel hinauf. Das Wetter meint es gut mit Ostern in diesem Jahr.
Da glitzert es im Gras hinter dem strahlend gelben Forsythienbusch. Der kleine Junge bückt sich und reckt stolz seinen Fund in die Höhe.
„Guckt mal, das Ei habe ich“, ruft er laut und glücklich seinen Eltern zu, „jetzt fehlt nur noch das Phone.“