Das Training unter der Dusche
Männer sowieso aber in diesen Tagen Frauen auch! Alle reden vom Fußball. Am Stammtisch wird zwischen den Spielen diskutiert. Wie immer. Aber an diesen Tagen nur über Fußball.
Kinder? Was ist das denn?
Fracking? Kein Thema.
Stromkosten? Egal.
Löws Frisur? Jawohl!
„Joachim Löw“, der Wirt sagt immer Joachim, weil ihm dieses Jogi, Schweini, Poldi und Klinsi gesabbere der Kommentatoren auf den Beutel geht. Der Wirt sagt: “Wenn schon I, dann vorne und nes hintendran oder irgend etwas von Apple.“
„Joachim Löw“, sagt der Wirt und knallt ein Glas mit „Zeug“ auf den Tisch, „hat schon einen Titel geholt.“
Jetzt schweigt der Stammtisch. Dem Wirt soll man ja nie widersprechen, jedenfalls nicht, so lange man noch durstig ist. Aber da war man sich ausnahmsweise einig. Der Löw holt nie einen Titel. Mit dem Löw ins Finale kommen, kein Problem. Aber einen Titel holen? Niemals! Der nicht.
„Joachim Löw“, sagt der Wirt, „ist gerade zum eitelsten Trainer aller Zeiten gekürt worden.“
In der Stille der kleinen Kneipe hört man es in den Gehirnwindungen der Stammtischler rascheln.
In einer Kurve, ziemlich weit hinten, fand sich dann leichter Widerspruch.
„Neee, den Titel, den gibt’s doch gar nicht.“
„Was heißt hier: Gibt es nicht?“, sagt der Wirt, „gibt es natürlich, habe ich mir gerade ausgedacht. Preis ist ein großes Glas Bier, direkt über den Kopf gekippt.“
Um das, was jetzt kommt, zu verstehen, muss ich mal sagen: Dieser Stammtisch ist ein besonderer Stammtisch. Da sind Frauen dabei. Und Frauen sind anders als Männer. Denen ist es egal, wenn sie aus der Kneipe nüchtern nach Hause gehen müssen. Die freuen sich über das gesparte Geld und kaufen sich dann Nagellack dafür.
Und so war es eine Frau, die den Wirt fast ausknockte. Sie brannte mit ihren Augen ein schmerzhaftes Loch in den Bauch des Wirtes und versetzte ihm einen Kinnhaken: „Der Löw ist doch ein attraktiver Mann.“
Die Frau sah den Wirt taumeln, und schob schnell nach: „Für sein Alter.“
Jetzt war es Löw, der zu Boden ging.
„Früher“, sagte der Stammtisch-Ehrenpräsident, „da waren Fußballschuhe schwarz und sonst nichts. Wenn du da so ein paar pinke Dinger, wie die heute, angezogen hättest, dann hätten sie dich weggegrätscht, noch bevor du auf dem Platz bist.“
„Jo, Jo, Jo“, sagten die Männern am Stammtisch.
„Ooooch“, sagten die Frauen.
„Früher hatten wir ja auch noch den Klinsmann, jetzt ist der ja Trainer bei den Amis“, sagt der Wirt, „der Klinsmann ist an der Seitenlinie herumgehopst, als hätte er einen Flummi verschluckt. So wie der kleine runde Trainer der Chilenen. Und der Klinsmann hat sich nicht ständig die Strähnchen in die Stirn gezupft und der hat nicht zu Hause vor dem Spiegel emotional gucken geübt wie der Löw, der war emotional.“
Der Ehrenpräsident nickt: „Der war noch Vorbild für die Kinder. Haste das gesehen, beim Spiel gegen die Amis. Es regnet in Strömen und wie es sich gehört bei Regen, zieht sich der Klinsmann eine Regenjacke an und setzt sich eine Mütze auf. Kannste sagen: Kinder, nehmt euch ein Beispiel.“
Der Wirt stellt den Frauen einen fruchtig-schnapsigen Cocktail auf den Tresen und sagt: „Und der Löw macht einen auf Mister Wet-Shirt. Stellt sich im Oberhemd in den strömenden Regen und streicht sich lasziv die nassen Zotteln aus der Stirn.“
„Aber in der Halbzeitpause hat er sich frisch geföhnt“, sagen die Frauen im Chor.
Der Ehrenpräsident brubbelt: „Ja aber nur, damit er noch mal lasziv nassregnen lassen kann. Der war doch der Einzige, der sich gefreut hat, über den Regen.“
Die Frauen am Tisch seufzen: „Wie das Hemd am Körper klebte und wie er sich mit der Hand als Kamm, die nassen Haare aus der Stirn gestrichen hat...“
„Ja, DAS hat der doch trainiert“, schimpft der Wirt, „stundenlang hat der doch jede feuchte Pose geübt, zu Hause, unter der Dusche.“
Und dann nimmt er den Frauen die Getränke weg.