Roland Regge-Schulz

In Deutschlands größter Wüste

Mitten in Deutschland gibt es eine Wüste. Hätte ich auch nicht geglaubt, bevor ich mitten in ihr stand. Seit einer Woche versuche ich, sie zu durchqueren. Meine Chancen stehen schlecht. Nicht mal eine Oase ist in Sicht. Die Wüste heißt Service und ist unendlich groß.

Im Verkaufen sind sie gut. Alle! Kaum betrete ich unvorsichtiger Weise einen Laden, helfen mir lächelnde Verkäufer beim Geldausgeben. Sie machen mir gute Preise, spezielle Angebote und ganz besonders super günstige Tarife mit denen ich so richtig Geld sparen kann. Leider kostet dieses Sparen auch richtiges Geld.  Egal, wir winken uns zum Abschied immer fröhlich zu und alles ist gut.
So lange, bis nicht mehr alles gut ist, bis zum Beispiel der Ikea-Fernseher meint, so ein Bild ist optional, kann ruhig mal ausfallen, der Ton ist ja noch da. Und außerdem beflügele Fernsehen ohne Bild die Phantasie. Ich sehe das ein bisschen enger und möchte gern reklamieren.
Nun ist der Fernseher ja geliefert worden und die Verpackung ist auch längst entsorgt. Bevor ich mich also aufmache zum Möbelhaus, frage ich doch einfach mal an.
Wozu gibt es denn ein Servicetelefon?
Ich weiß es jetzt: Um mich zu verarschen!
Ein freundlich nette Stimme führt mich minutenlang durchs Menü. Wir sind gleich per Du. Also sie mit mir. Ich höre mir alles an und erfahre, dass ich mit einer Reklamation in den nächsten Markt fahren soll. Punkt.
Es sei denn, es handele sich um Elektroschrott.
Für den gibt es keine programmierte Antwort. Also lasse ich mich mit einem Servicemitarbeiter verbinden. Nun, ja... Also versuche ich mich mit einer menschlichen Stimme verbinden zu lassen. Freundliche Musik plätschert mir ins Ohr und ich scheine Glück zu haben, vor mir sind nur über 30 andere Reklamateure in der Leitung. Nach 26 Minuten sind es nur noch zwei. Nach einer halben Stunde bekomme ich tatsächlich eine freundliche menschliche Stimme zu hören. Sie sagt, ich habe aber Glück gehabt, andere warten über eine Stunde. Ich kann mein Glück gar nicht fassen und schildere fröhlich mein Problem.
„Kein Problem“, sagt die nette menschliche Stimme, „ich verbinde Sie mit unserem Serviceteam.“
Und schon war sie aus der Leitung und ich hatte ein Besetztzeichen im Ohr. Das brach nach ein paar Sekunden ab und ich war draußen. In der Wüste namens Service.
Okay, dann eben Plan B. Wozu gibt es denn diese tolle Online-Hilfe. Flugs habe ich das Formular ausgefüllt und ab die Elektro-Post. So eine Mail braucht schon seine Zeit. Nach ein paar Tagen habe dann eine zweite geschickt. Und ab... Und ab... Und ab... Antwort habe ich auf meine Mails bis heute nicht. Und leider auch keine Zeit für die Warteschleife. Ich habe es ein paarmal versucht. Aber jedesmal wenn ich mich habe minutenlang durchs Menü duzen lassen, waren immer mehr als dreißig Reklamateure vor mir. Ich habe dann lieber aufgelegt, bevor mir Ikea noch die Warteschleifenmusik in Rechnung stellt.
Aber irgendwann erwische ich die. Ich habe ja Garantie. Satte 5 Jahre!

Heute hat mein Tablet-PC den Geist aufgegeben. Nächste Woche nehme ich einen Tag Urlaub und rufe die Hotline an.