Diese Handarbeit stinkt gewaltig

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    Kunststoff, Gummi, Laub: Roy Schröder muss trennen, was nicht zusammengehört (Bild 1 von 5).
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    Ein Haufen - eine Gewichtstonne.
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    Simone Tscherpel schaufelt die nächste Ladung zum Auseinanderpulen auf.
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Wie gut trennen die Schweriner ihren Abfall? Um das herauszufinden, wühlten sich flinke Finger durch Berge von Müll.
20.10.2014
Sylvia Kuska

Süß und modrig hängt die Luft über dem Salat aus Müllbeuteln, Flaschen, Tierknochen, Dosen, Schuhen, Spielzeug, Brot, Äpfeln und Zeitungen. Je dichter wir dem Haufen kommen, umso weiter möchten wir am liebsten wieder weg.

Roy Schröder kommt ihm ganz dicht. Und kann nicht weit weg. Drei, vier Meter müssen reichen. Dort steht ein Tisch. Zum Essen hätten acht Leute bequem an ihm Platz. Eine Woche hat der bunte Mix in Mülltonnen gelegen. Angefangen, sich zu zersetzen. Und zu stinken. Jetzt wird er schaufelweise aufgetischt.

Roy Schröder riecht den faulen Geruch nicht mehr. Seit acht Uhr wühlen er und seine Kollegen im Müll. Sie klamüsern Gartenabfälle, Zeitungen, Essensreste, Spielzeug, Windeln, Parfümflaschen und was sie sonst noch finden, auseinander. Vier Tage hintereinander. Damit die Stadtwirtschaftliche Dienstleistungen Schwerin sich ein Bild davon machen können, wie die Schweriner ihren Müll trennen. Restmüllanalyse heißt das. „Die letzte große Erfassung liegt schon 20 Jahre zurück“, sagt Holger Hoppmann, Abteilungsleiter der Abfallwirtschaft.

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Weggeworfen haben den Müll Anwohner von Plattenbauten, kleineren Mehrfamilienhäusern, älteren und neueren Eigenheimsiedlungen. Eingesammelt haben Müllmänner ihn in der Andrej-Sacharow-Straße, in der Fritz-Reuter-Straße, in der Bahnhofstraße in Warnitz und Am Silberberg. Wie schon im Sommer, beim ersten Teil der Analyse. Vier Straßen. Vier Gewichtstonnen. Ein repräsentativer Querschnitt. Abgeladen auf dem Gelände der SDS, ganz hinten im Gewerbegebiet von Görries.

Flink wuseln sich die Finger durch den Müllberg. Eine Gewichtstonne schaffen Roy Schröder und seine Kollegen am Tag. Sie öffnen jeden Beutel. Ratzfatz landen die Einzelteile in blauen Tonnen, die wie ein U um sie herumstehen.

Wieder ist eine davon voll. Ab auf die Waage mit ihr. „18,5“ ruft einer der Männer Simone Tscherpel zu. Die Projektingenieurin schreibt die Kilogramm auf eine Liste. Später wird das Bentwischer Ingenieurbüro, für das sie arbeitet, die Daten auswerten.

Erste Tendenzen gibt es schon, Überraschungen nicht: In Eigenheimsiedlungen werde Müll konsequenter getrennt als in großen Wohngebieten. Und 20 bis 30 Prozent des Restmülls seien Bioabfälle. Eine Größenordnung, mit der Holger Hoppmann gerechnet hat. Und die die SDS gern deutlich reduzieren würden. Wie? „Indem wir die Schweriner noch mehr motivieren, Müll zu trennen.“ Wie solch eine Motivation aussehen könnte? Darüber wird noch nachgedacht.

Gleich ist Mittag. Zeit, abseits des Müllsalats frische Luft zu tanken. Wenn die Nase aus der Pause zurückkommt, braucht sie einen Augenblick. Fluchs tischen die Männer die nächste Schaufelladung auf. So stinkt es ihr am schnellsten nicht mehr.